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Die Transzendentalen Spiele Sri Krishnas

Von A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada
Die Transzendentalen Spiele Sri Krishnas
Kṛṣṇa - Der Höchste Persönliche Gott
Originale Version 1. Auflage 1974
77. Kapitel:
 
Krishna
 
Kapitel 77: Dantavakra, Vidūratha und Romaharṣaṇa werden getötet


 

Als Śiśupāla, Śālva und Pauṇḍraka tot waren, wollte ein weiterer dämonischer König, namens Dantavakra, Kṛṣṇa umbringen, um den Tod seines Freundes Śālva zu rächen. Er war so aufgebracht, daß er, ohne sich entsprechend zu rüsten und zu bewaffnen, ja, sogar ohne Streitwagen, auf das Schlachtfeld kam. Seine einzigen Waffen waren seine rotglühende Wut und eine Keule, doch war er so machtvoll, daß jeder spüren konnte, wie bei seinen Schritten die Erde bebte. Als Śrī Kṛṣṇa ihn so heldenmütig heranstürmen sah, stieg Er sogleich vom Wagen, denn es war eine Kampfregel, daß nur Gegner mit gleichen Voraussetzungen miteinander kämpfen durften. Da Dantavakra allein und nur mit einer Keule bewaffnet war, stellte Sich Śrī Kṛṣṇa auf ihn ein, indem Er Sich ebenfalls nur mit einer Keule versah. Als Kṛṣṇa Dantavakra so entgegentrat, wurde dieser in seinem kühnen Lauf aufgehalten wie die großen, wilden Wogen des Ozeans am Gestade gebrochen werden.

Dantavakra, der König von Karūṣa, packte daraufhin seine Keule fester und rief Kṛṣṇa zu: »Es ist mir eine große Freude und ein wahres Glück, daß wir uns von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen. Mein lieber Kṛṣṇa, Du bist trotz allem mein leiblicher Vetter, und deshalb sollte ich dich nicht einfach töten, doch unglücklicherweise hast Du einen großen Fehler begangen, als Du meinen Freund Śālva mordetest. Überdies gibst Du dich nicht damit zufrieden, meinen Freund getötet zu haben, sondern willst, wie ich ganz genau weiß, auch mich umbringen. Deiner Absicht wegen muß ich Dich töten, indem ich Dich jetzt mit meiner Keule in Stücke schlage. Obwohl Du mein Verwandter bist, bist Du ein Narr. Du bist unser ärgster Feind, deshalb bleibt mir nichts anderes übrig, als Dich jetzt zu töten, wie jemand, der ein Geschwür am Körper entfernt. Ich bin meinen Freunden immer sehr zu Dank verpflichtet, und so fühle ich mich tief in der Schuld meines lieben Freundes Śālva. Diese Schuld kann ich nur mit Deinem Tod begleichen.«

So wie ein Elefantenwärter versucht, den Elefanten mit Stabhieben zu bändigen, versuchte Dantavakra, Kṛṣṇa durch heftige Worte einzuschüchtern. Nachdem er seine Schmähungen ausgesprochen hatte, schlug er Kṛṣṇa mit der Keule auf den Kopf und brüllte wie ein Löwe. Obgleich Kṛṣṇa sehr hart von Dantavakras Keule getroffen wurde, wich Er keinen Fingerbreit, noch spürte Er irgendeinen Schmerz. Statt dessen schwang Er geschickt Seine Keule Kaumodakī und führte einen wuchtigen Schlag gegen Dantavakras Brust, der dem Dämon das Herz zertrümmerte. Dantavakra spie Blut, sein Haar wirbelte durcheinander, und alle Viere von sich streckend stürzte er zu Boden. Nach wenigen Minuten war alles, was von Dantavakra blieb, ein entseelter Körper. Nach Dantavakras Tod kam, genau wie bei Śiśupālas Tod, vor den Augen aller ein kleines leuchtendes spirituelles Teilchen aus dem Körper des Dämons hervor und ging auf wundervolle Weise in Śrī Kṛṣṇas Körper ein.

Dantavakra hatte einen Bruder mit Namen Vidūratha, der vor Schmerz außer sich war, als er von Dantavakras Tod erfuhr. Aus Kummer und Wut ging Vidūrathas Atem schwer, und um dem Tod seines Bruders zu rächen, erschien auch er vor Śrī Kṛṣṇa, und zwar mit Schwert und Schild. Er wollte Kṛṣṇa auf der Stelle ums Leben bringen. Als der Herr erkannte, daß Vidūratha nach einer Gelegenheit trachtete, Ihn mit dem Schwert zu erschlagen, machte Er Gebrauch von Seinem Sudarśana-cakra, der so scharf wie eine Rasierklinge ist, und trennte Vidūratha damit unverzüglich den Kopf samt Helm und Ohrringen vom Rumpf.

Nachdem Kṛṣṇa so Śālva und sein wundersames Flugzeug vernichtet und danach Dantavakra und Vidūratha getötet hatte, kehrte Er schließlich in Seine Stadt Dvārakā zurück. Es wäre niemandem außer Kṛṣṇa möglich gewesen, diese großen Helden zu töten, und daher begannen alle Halbgötter des Himmels und die Menschen auf der Erde Seinen Ruhm zu preisen. Große Weise und Asketen, die Bewohner der Siddha- und Gandharva-Planeten, die Vidyādhara, die Vāsuki und die Mahānāga, die schönen Engel, die Bewohner des Pitṛloka, die Vakṣas, die Kinnaras und die Cāraṇas, sie alle überschütteten den Herrn mit Blumen und besangen voll Jubel Seinen Sieg. Die Einwohner von Dvārakā schmückten die ganze Stadt sehr festlich und veranstalteten eine große Feier. Als Kṛṣṇa dann durch die Stadt zog, folgten Ihm alle Angehörigen der Vṛṣṇi-Dynastie und die Helden der Yadu-Dynastie voller Ehrfurcht.

Dies sind einige der transzendentalen Spiele Śrī Kṛṣṇas, des Meisters aller mystischen Kräfte und des Herrn aller kosmischen Manifestationen. Manchmal denken die Verblendeten in ihrer Tierhaftigkeit, daß Kṛṣṇa besiegt werden könne; doch in Wirklichkeit ist Er der Höchste Persönliche Gott, und niemand kann Ihn besiegen. Er ist der einzige Gott, und alle anderen sind die Ihm untergebenen Ausführenden Seiner Befehle.

Eines Tages vernahm Balarāma, daß sich die beiden feindlichen Parteien der Kuru-Dynastie auf einen Kampf vorbereiteten; eine Seite wurde von Duryodhana geführt und die andere von den Pāṇḍavas. Er war nicht sehr angetan von dem Gedanken, daß Er nur Vermittler sein könne, der versuchte, den Kampf zu verhindern. Da Er es als unerträglich empfand, nicht aktiv für eine der beiden Seiten Partei ergreifen zu können, verließ Er Dvārakā mit der Begründung, eine heilige Pilgerstätte besuchen zu wollen. Als erstes reiste Er nach der Pilgerstätte, die als Prabhāsakṣetra bekannt ist. Dort nahm Er ein Bad, stellte die ansässigen brāhmaṇas zufrieden und brachte den Halbgöttern, den pitās, den großen Weisen und den Einheimischen gemäß der vedischen Rituale verschiedene Opfergaben dar. Das ist die vedische Art, heilige Orte zu besuchen. Anschließend beschloß Er, in Begleitung einiger ehrwürdiger brāhmaṇas, heilige Orte am Ufer des Flusses Sarasvatī aufzusuchen; nach und nach besuchte Er Orte wie Pṛthūdaka, Bindusara, Tritakūpa, Sudarśanatīrtha, Viśālatīrtha, Brahmatīrtha, Cakratīrtha und außerdem alle heiligen Stätten der nach Osten strömenden Sarasvatī. Danach besuchte Er die bedeutendsten heiligen Orte an den Ufern der Yamunā und des Ganges. So gelangte Er schließlich an den heiligen Ort, der als Naimiṣāraṇya bekannt ist.

Der heilige Ort Naimiṣāraṇya, den es noch heute in Indien gibt, war in alten Zeiten ein Versammlungsort für große Weise und Heilige, die ein spirituelles Leben führen und Selbstverwirklichung erlangen wollten. Als Balarāma dort hinkam, führte soeben eine große Versammlung von Transzendentalisten ein umfangreiches Opfer durch. Solche Treffen waren gewöhnlich für Tausende von Jahren vorgesehen. Bei Balarāmas Ankunft erhoben sich sogleich die großen Weisen, Asketen, brāhmaṇas und Gelehrten von ihren Sitzen und hießen Ihn voller Ehrerbietung und Achtung willkommen. Einige brachten Balarāma ihre respektvollen Ehrerbietungen dar, während die älteren Weisen und brāhmaṇas Ihn segneten, indem sie aufstanden. Nach dieser Begrüßung wurde Balarāma ein würdiger Sitz geboten, worauf Ihm jeder der Anwesenden seine Verehrung bezeigte. Alle Weisen in der Versammlung waren aufgestanden, als sie Balarāma sahen, denn sie wußten, daß Er der Höchste Persönliche Gott ist. Bildung oder Gelehrsamkeit bedeutet, den Höchsten Persönlichen Gott zu verstehen. Obgleich Balarāma als kṣatriya auf der Erde erschienen war, standen daher die brāhmaṇas und Weisen auf, denn sie wußten, wer Balarāma war.

Leider mußte Balarāma, nachdem Er verehrt und zu Seinem Sitz geleitet worden war, sehen, daß Romaharṣaṇa, der Schüler Vyāsadevas [* Vyāsadeva - die literarische Inkarnation Gottes *], immer noch auf dem Vyāsāsana [** Vyāsāsana - erhöhter Sitz, auf dem der geistige Meister, der Vertreter Vyāsadevas, sitzt**] saß. Weder war er von seinem Sitz aufgestanden, noch hatte er Śrī Balarāma Achtung erwiesen. Weil er auf dem Vyāsāsana saß, hielt er sich, töricht wie er war, für bedeutender als der Herr, und deshalb stieg er nicht von seinem Sitz und verneigte sich auch nicht. Balarāma dachte sodann an Romaharṣaṇas Abstammung: Er kam aus einer sūta-Familie, d. h. aus einer Mischehe zwischen einer brāhmaṇa-Frau und einem kṣatriya-Mann, weshalb Romaharṣaṇa, auch wenn er Balarāma nur als kṣatriya ansah, schon allein aus diesem Grund nicht auf einem höheren Sitz hätte sitzen bleiben dürfen. Balarāma sagte Sich, daß Romaharṣaṇa wegen seiner Herkunft den höheren Sitz nicht hätte annehmen dürfen, da viele gelehrte brāhmaṇas und Weise zugegen waren. Er bemerkte nicht nur, daß Romaharṣaṇa nicht von seinem hohen Sitz stieg, sondern auch, daß er nicht einmal aufstand und Ihm Achtung erwies, als Er in der Versammlung erschien. Balarāma gefiel Romaharṣaṇas Dreistigkeit nicht, und Er wurde sehr ärgerlich auf ihn.

Wer auf dem Vyāsāsana sitzt, braucht im allgemeinen nicht aufzustehen, um einen Neuankömmling zu empfangen; doch in diesem Fall war der Sachverhalt ein anderer, denn Śrī Balarāma ist kein gewöhnlicher Mensch. Romaharṣaṇa hätte daher, obwohl er von allen brāhmaṇas dazu gewählt worden war, auf dem Vyāsāsana zu sitzen, dem Beispiel der anderen großen Weisen und brāhmaṇas folgen und bedenken sollen, daß Balarāma der Höchste Persönliche Gott ist. Ihm gebührt immer Achtung, selbst dann, wenn sie einem gewöhnlichen Menschen gegenüber nicht nötig ist. Kṛṣṇa und Balarāma waren vor allem erschienen, um die religiösen Prinzipien wieder einzuführen. Wie in der Bhagavad-gītā erklärt wird, ist es das höchste religiöse Prinzip, sich dem Höchsten Persönlichen Gott hinzugeben. Und auch das Śrīmad-Bhāgavatam bestätigt, daß es die höchste Vollkommenheit der Religiosität ist, im hingebungsvollen Dienst für den Herrn tätig zu sein.

Als Balarāma sah, daß Romaharṣaṇa, obwohl er alle Veden studiert hatte, dieses höchste Prinzip der Religiosität nicht verstanden hatte, konnte Er dessen Stellung nicht dulden. Romaharṣaṇa Sūta hatte die Möglichkeit bekommen, ein vollkommener brāhmaṇa zu werden, doch durch sein falsches Verhalten gegenüber dem Höchsten Persönlichen Gott wurde seine niedrige Herkunft sofort wieder bedeutungsvoll. Romaharṣaṇa Sūta war zwar die Stellung eines brāhmaṇa verliehen worden, doch stammte er nicht aus einer brāhmaṇa-Familie, sondern aus einer pratiloma-Familie. Nach den Veden gibt es zweierlei Familien aus Mischehen; sie werden als anuloma und pratiloma bezeichnet. Wenn sich ein Mann mit einer Frau aus einer niedrigeren Kaste verbindet, wird ihr Nachwuchs als anuloma bezeichnet; geht er eine Verbindung mit einer Frau von höherer Herkunft ein, nennt man den Nachwuchs pratiloma. Romaharṣaṇa Sūta gehörte, da sein Vater ein kṣatriya und seine Mutter eine brāhmaṇa war, zur pratiloma-Gruppe. Und weil Romaharṣaṇas transzendentale Verwirklichung nicht vollkommen war, erinnerte Sich Balarāma sogleich an dessen pratiloma-Herkunft. Das Prinzip ist, daß jedem Menschen die Möglichkeit gegeben werden kann, ein brāhmaṇa zu werden, daß aber, wenn er sich aus Mangel an tatsächlicher Verwirklichung in seiner Stellung als brāhmaṇa unangemessen verhält, seine formelle Erhebung zur brahmanischen Stufe keine Gültigkeit hat.

Als Balarāma nun sah, daß es Romaharṣaṇa Sūta an wirklicher Erkenntnis fehlte, beschloß Er, ihn für seinen Hochmut zu strafen. Deshalb sagte Er: »Dieser Mann verdient die Todesstrafe, denn er war, obgleich er die gute Eigenschaft aufweist, ein Schüler Vyāsadevas zu sein, und obwohl er unter der Weisung dieser hohen Persönlichkeit alle vedischen Schriften studierte, nicht demütig vor dem Höchsten Persönlichen Gott.« Wie in der Bhagavad-gītā erklärt wird, muß jemand, der ein wirklicher brāhmaṇa und großer Gelehrter ist, zugleich auch sehr höflich sein. Romaharṣaṇa Sūta jedoch war, obwohl er als hochgelehrt galt und die Möglichkeit bekommen hatte, ein brāhmaṇa zu werden, nicht höflich gewesen, was uns zeigt, daß jemand, der auf materielle Errungenschaften stolz ist, unmöglich das freundliche Wesen eines brāhmaṇa annehmen kann. Die Gelehrsamkeit eines solchen Menschen gleicht einem kostbaren Juwel auf dem Kopf einer Schlange. Trotz des kostbaren Juwels bleibt die Schlange eine Schlange und ist als solche ebenso gefährlich wie ein gewöhnliches Exemplar dieser Gattung. Wenn jemand nicht bescheiden und demütig wird, sind all seine Studien der Veden und Purāṇas und sein umfangreiches Wissen aus den śāstras nur ein äußeres Gewand, gleich dem Kostüm eines Schauspielers auf der Bühne. Śrī Balarāma sprach deshalb Seine Überlegungen aus: »Ich bin erschienen, um die Falschen zu bestrafen, die in ihrem Innern unrein sind, sich aber nach außen hin sehr gelehrt und religiös geben. Es ist nur recht und billig, wenn ich solche Menschen töte, um sie an weiterem sündigen Tun zu hindern.«

Śrī Balarāma hatte es zwar vermieden, in der Schlacht von Kurukṣetra mitzukämpfen, aber dennoch blieb es aufgrund Seiner besonderen Stellung Seine vornehmste Pflicht, die religiösen Prinzipien wieder herzustellen. Aus diesen Überlegungen heraus tötete Er Romaharṣaṇa Sūta, indem Er ihm mit einem kuśa-Halm, einem ganz gewöhnlichen Grashalm, einen Schlag versetzte. Man mag nun fragen, wie es Balarāma möglich sein konnte, Romaharṣaṇa nur durch einen Schlag mit einem kuśa-Halm zu töten. Die Antwort gibt das Śrīmad-Bhāgavatam, indem es das Wort prabhu (Meister) gebraucht. Die Stellung des Höchsten Herrn ist stets transzendental, und weil Er allmächtig ist, kann Er nach Belieben handeln, ohne Sich an materielle Gesetze und Pflichten halten zu müssen. So war es Ihm auch möglich, Romaharṣaṇa mit einem kuśa-Grashalm zu töten.

Romaharṣaṇas plötzlicher Tod bestürzte alle Anwesenden natürlich sehr, und es erhob sich Geschrei und Wehklagen. Obwohl die brāhmaṇas und Weisen wußten, daß Balarāma der Höchste Persönliche Gott ist, zögerten sie nicht, gegen die Tat des Herrn zu protestieren, und in aller Demut gaben sie folgendes zu bedenken: »Lieber Herr, wir sind der Ansicht, daß Deine Tat nicht in Übereinstimmung mit den religiösen Prinzipien steht. Lieber Śrī Yadunandana, bitte laß Dir sagen, daß wir brāhmaṇas Romaharṣaṇa für die Dauer der großen Opferung die hohe Stellung überantworteten. Er kam durch unsere Wahl auf den Vyāsāsana, und wenn man auf dem Vyāsāsana sitzt, ist es unangemessen aufzustehen, um jemanden zu begrüßen. Außerdem gewährten wir Romarharṣaṇa Sūta ein unbeeinträchtigtes langes Leben. Daher kommt die Tat, die Deine Herrlichkeit beging, ohne von diesen Dingen zu wissen, in unseren Augen dem Totschlag eines brāhmaṇa gleich. Lieber Herr, Befreier aller gefallenen Seelen, wir wissen natürlich, daß Du alle vedischen Prinzipien kennst. Du bist der Herr aller mystischen Kräfte, und deshalb haben die vedischen Anweisungen im allgemeinen keine Gültigkeit für Dich. Dennoch bitten wir Dich, den anderen Lebewesen Deine grundlose Gnade zu erweisen und gütigerweise den Tod Romaharṣaṇa Sūtas wiedergutzumachen. Wir können Dir nicht vorschreiben, was Du tun sollst, um seinen Tod zu sühnen. Wir bitten Dich nur, eine beliebige Buße auf Dich zu nehmen, so daß andere Deinem Beispiel folgen. Was immer nämlich ein großer Mann tut, dem folgt der gewöhnliche Mensch.«

Der Herr erwiderte: »Ja, Ich muß meine Handlung sühnen, die für Mich zwar gut und richtig gewesen ist, die für andere jedoch ein großes Vergehen bedeuten würde. Ich betrachte es deshalb als Meine Pflicht, Mir eine geeignete Buße aufzuerlegen, wie sie von den Schriften vorgeschrieben wird. Zugleich bin ich bereit, Romaharṣaṇa Sūta wieder zum Leben zu erwecken, und ihm eine lange Lebensdauer, ausreichend Kraft und die ganze Macht seiner Sinne zu verleihen. Nicht nur das, wenn ihr wollt, werde Ich ihm bereitwillig auch alles andere geben, worum ihr Mich bittet. Es wird Mir eine Freude sein, ihm all diese Segnungen zu erteilen, nur um eure Wünsche zu erfüllen.«

Diese Worte Balarāmas bestätigen eindeutig, daß der Höchste Persönliche Gott völlige Freiheit hat, ganz nach Belieben zu handeln. Man könnte denken, es sei nicht richtig gewesen, daß Er Romarharṣaṇa Sūta tötete, doch Er war auch imstande, die Tat augenblicklich in solcher Weise wiedergutzumachen, daß alle ihren Vorteil daraus zogen. Man sollte daher nicht versuchen, die Handlungen des Höchsten Persönlichen Gottes nachzuahmen, sondern einfach den Anweisungen des Höchsten Herrn folgen. Die großen Weisen, die in Naimiṣaraṇya zugegen waren, erkannten, daß der Herr imstande war, Seine Tat, die sie für unrichtig hielten, zum Vorteil aller wiedergutzumachen. Weil sie jedoch Balarāma von Seiner Mission, Romaharṣaṇa Sūta zu töten, nicht abbringen wollten, beteten sie alle zu Ihm: »Lieber Herr, daß Du Romaharṣaṇa Sūta mit Deiner kuśa-Waffe tötetest, ist eine außerordentliche Tat, die belassen sein mag, wie sie geschehen ist. Weil es Dein Wunsch war, ihn zu töten, braucht er nicht wieder zum Leben erweckt zu werden. Gleichzeitig aber denke auch bitte daran, daß wir Weisen und brāhmaṇas ihm ein langes Leben versprachen; eine solche Segnung sollte nicht einfach aufgehoben werden.« Somit widersprachen sich die Bitten der gelehrten brāhmaṇas, denn einerseits wollten sie ihre Segnung, daß Romaharṣaṇa Sūta bis zum Ende der großen Opferzeremonie leben würde, nicht unerfüllt sehen, andererseits aber wollten sie auch nicht, daß Balarāma seinen Tod rückgängig machte.

Der Höchste Persönliche Gott löste das Problem in einer Weise, wie sie Seiner erhabenen Stellung entsprach; Er sagte: »Da der Sohn vom Körper des Vaters erzeugt wird, ist der Sohn nach den Lehren der Veden der Vertreter des Vaters. Deshalb sage Ich, daß Ugraśravā Sūta, der Sohn Romaharṣaṇa Sūtas, die Stellung seines Vaters einnehmen und die Gespräche über die Purāṇas weiterführen soll. Und weil ihr Romaharṣaṇa ein langes Leben wünschtet, soll diese Segnung auf den Sohn übertragen werden. Ugraśravā wird mit allem gesegnet, was ihr seinem Vater verspracht - ein langes sorgenfreies Leben in einem guten und gesunden Körper, und die volle Kraft seiner Sinne.«

Dann ersuchte Balarāma die Weisen und brāhmaṇas, Ihn, abgesehen von der Segnung, die Er Ugraśravā erteilte, um eine weitere Gunst zu bitten, die Er ihnen sofort erfüllen wollte. Der Herr gab somit das Beispiel, wie sich ein gewöhnlicher kṣatriya in einer solchen Lage zu verhalten hat, und sagte den Weisen, daß Er nicht wisse, auf welche Weise Er den Tod Romaharṣaṇas sühnen könne, und daß Er aber dankbar auf Sich nehmen würde, was immer sie Ihm vorschlügen.

Die brāhmaṇas erkannten die Absicht des Herrn und rieten Ihm, Seine Tat in einer Weise zu sühnen, daß es ihnen allen zugute kommen würde. Sie sagten: »O lieber Herr. Es gibt einen Dämon mit Namen Balvala; er ist der Sohn Ilvalas und sehr mächtig. Alle vierzehn Tage, an den Vollmond- und Neumondtagen, sucht er diese heilige Opferstätte heim und stört uns bei der Ausführung unserer Opferpflichten. O Nachkomme der Familie Daśārhas, wir alle bitten Dich, diesen Dämon zu vernichten. Wenn Du Ihn in Deiner Güte tötest, so ist dies eine angemessene Buße uns gegenüber. Der Dämon kommt von Zeit zu Zeit hierher und bespritzt uns mit großen Mengen unreiner und widerlicher Substanzen wie Eiter, Blut, Kot, Urin und Wein; er besudelt diesen heiligen Ort, indem er uns mit solchem Unrat überschüttet. Wenn Du Balvala getötet hast, magst Du Deine Reise zu den heiligen Pilgerorten für zwölf Monate fortsetzen. Auf diese Weise wirst Du von allen Verunreinigungen befreit werden. Das ist unsere Anweisung.

Hiermit endet die Erläuterung Bhaktivedantas zum 77. Kapitel des Buches Kṛṣṇa:
»Dantavakra, Vidūratha und Romaharṣaṇa werden getötet«.