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Die Transzendentalen Spiele Sri Krishnas

Von A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada
Die Transzendentalen Spiele Sri Krishnas
Kṛṣṇa - Der Höchste Persönliche Gott
Originale Version 1. Auflage 1974
6. Kapitel:
 
Krishna
 
Kṛṣṇa tötet die Hexe Pūtanā


 

Auf dem Rückweg nach Gokula ging Nanda Mahārāja ständig Vasudevas Warnung durch den Kopf. »Gewiß war der Ratschlag meines Freundes nicht unbegründet«, dachte er, »es muß etwas Wahres daran sein.« Aus Furcht suchte er daher sofort Zuflucht beim Höchsten Persönlichen Gott.

Es ist ganz natürlich für einen Gottgeweihten, bei drohender Gefahr an Kṛṣṇa zu denken, denn er kennt keine andere Zuflucht. Wenn sich ein Kind vor einer Gefahr fürchtet, sucht es bei seinem Vater oder bei seiner Mutter Schutz; ebenso vertraut ein Gottgeweihter, der unter dem Schutz des Höchsten Persönlichen Gottes steht, auf den Herrn.

Nachdem sich Kaṁsa mit seinen dämonischen Ministern beraten hatte, beauftragte er die Hexe Pūtanā, die die schwarze Kunst beherrschte, kleine Kinder auf gräßliche Weise umzubringen, alle Kinder zu töten, die in den letzten zehn Tagen in den Städten und Dörfern geboren worden waren.

Es wird gesagt, daß überall dort, wo der heilige Name Krṣṇas gechantet wird — auch, wenn dies nur nachlässig geschieht —, alle bösen Elemente wie Hexen und Geister und alle unheilvollen Einflüsse sofort weichen. Ganz gewiß trifft dies auf einen Ort wie Gokula zu, wo der Name Kṛṣṇas mit aller Ernsthaftigkeit gechantet wurde und der Höchste Herr persönlich gegenwärtig war. Die Sorgen, die sich Nanda Mahārāja machte, beruhten nur auf seiner großen Zuneigung, die er für Kṛṣṇa empfand; in Wirklichkeit war Pūtanā, trotz ihrer mystischen Kräfte, keine Gefahr. Hexen ihrer Art werden »khecarī« genannt, was bedeutet, daß sie fliegen können. Einige Frauen in den abgelegenen nordwestlichen Teilen Indiens beherrschen noch heute diese schwarze Magie; sie können z. B. auf dem Zweig eines entwurzelten Baumes durch die Lüfte reiten. Auch Pūtanā war mit dieser Kunst vertraut, und so wird sie im Bhāgavatam als khecarī bezeichnet.

Pūtanā war es gelungen, sich unerkannt in Gokula einzuschleichen. In der Gestalt einer hübschen jungen Frau betrat sie das Haus Nanda Mahārājas und Yaśodās. Sie sah wunderschön aus mit ihren gerundeten Hüften, den vollen Brüsten, den Ohrringen und den Blumen im Haar. Sie schaute jeden mit einem bezaubernden Lächeln in die Augen, und alle Einwohner von Gokula waren von ihrer Schönheit gefangen. Die unschuldigen Kuhhirten und ihre Frauen hielten sie für eine Glücksgöttin, die mit einem Lotos in der Hand erschienen war, um Kṛṣṇa, ihren Gemahl, zu sehen. Weil sie so außergewöhnlich schön war, wurde sie von niemandem aufgehalten und konnte daher ungehindert in das Haus Nanda Mahārājas eintreten. Als Pūtanā, die Mörderin zahlloser Kinder, Kṛṣṇa in Seinem kleinen Bettchen saḥ, konnte sie sogleich erkennen, daß dieses Baby über außerordentliche Kräfte verfügen mußte. Pūtanā dachte: »Dieses Kind ist so mächtig, daß Es auf der Stelle das gesamte Universum vernichten kann.«

Pūtanās Erkenntnis ist sehr bedeutsam. In der Bhagavad-gītā wird gesagt, daß der Höchste Persönliche Gott, Śrī Kṛṣṇa, der im Herzen eines jeden weilt, jedem die notwendige Intelligenz gibt und ihn vergessen läßt, wenn es nötig ist. Pūtanā war sich sofort bewußt, daß das Kind, das sie im Hause Nanda Mahārājas sah, der Höchste Persönliche Gott war. Er lag dort als kleines Baby, aber das bedeutete nicht, daß Er darum weniger mächtig war. Die materialistische Theorie, nach der die Verehrung Gottes eine Verehrung menschlicher Gestalt ist, trifft nicht zu.

Kein Lebewesen kann Gott werden, indem es meditiert oder sich Bußen auferlegt. Gott ist immer Gott. Kṛṣṇa ist als kleines Baby ebenso vollkommen wie als ausgewachsener Jüngling. Nach der Māyāvāda-Theorie war das Lebewesen früher einmal Gott und wurde dann von māyā überwältigt. Deshalb, so sagen die Unpersönlichkeitsanhänger, sei das Lebewesen zwar zur Zeit nicht Gott, doch werde es wieder Gott, sobald der Einfluß māyās nachlasse. Diese Theorie kann jedoch nicht auf die Lebewesen angewandt werden. Die Lebewesen sind winzige Teile des Höchsten Persönlichen Gottes. Sie sind wie die Teilchen oder Funken des Feuers, aber sie sind niemals das ganze Feuer. Kṛṣṇa war und ist der Höchste Persönliche Gott — selbst als Er vor Vasudeva und Devakī erschien.

Kṛṣṇa verhielt Sich genau wie ein kleines Baby und schloß daher die Augen, als wolle Er es vermeiden, Pūtanā anzusehen.

Die Gottgeweihten deuten das Schließen der Augen auf verschiedene Weise. Einige sagen, Kṛṣṇa habe das Gesicht Pūtanās nicht sehen wollen, weil sie so viele Kinder getötet hatte, und nun gekommen war, um auch Ihm das Leben zu nehmen. Andere sagen, der Hexe sei etwas Außergewöhnliches aufgetragen worden, und um sie in ihrem Vorhaben zu bestärken, habe Er Seine Augen geschlossen, damit sie sich nicht fürchten solle. Wieder andere geben folgende Erklärung: Kṛṣṇa erschien, wie in der Bhagavad-gītā bestätigt wird (paritrāṇāya sādhūnāṁ vināśāya ca duṣkṛtām), um die Dämonen zu töten und die Gottgeweihten zu schützen. Der erste Dämon, der getötet werden sollte, war eine Frau, und da nach vedischem Gesetz das Töten einer Frau, eines brāhmaṇas, einer Kuh oder eines Kindes verboten ist, Kṛṣṇa aber dazu verpflichtet war, die Dämonin Pūtanā zu töten, konnte Er nichts anderes tun, als die Augen schließen. Andere Gottgeweihte sind der Ansicht, Kṛṣṇa habe Seine Augen geschlossen, weil Er Pūtanā als Seine Amme annehmen wollte. Pūtanā kam nur zu Kṛṣṇa, um Ihm ihre Brust zu geben, und obwohl Kṛṣṇa wußte, daß sie gekommen war, um Ihn zu töten, war Er so barmherzig, sie als Seine Amme oder Mutter anzunehmen. Nach den vedischen Schriften gibt es sieben Mütter: die leibliche Mutter, die Frau des geistigen Meisters, die Frau des Königs, die Frau eines brāhmaṇa, die Kuh, die Amme und die Mutter Erde. Weil Pūtanā gekommen war, um Kṛṣṇa auf ihren Schoß zu nehmen und Ihn an ihrer Brust zu säugen, wurde sie von Kṛṣṇa als eine Seiner Mütter angesehen. Dies wird als ein weiterer Grund dafür angegeben, daß Er Seine Augen schloß.

Wenn Kṛṣṇa Seine Mutter oder Amme tötet, so ist dies nicht verschieden von der Liebe, die Er für Seine leibliche Mutter Devakī oder Seine Pflegemutter Yaśodā zeigt. Weiter können wir aus den Veden erfahren, daß Kṛṣṇa Pūtanā wie Seine Mutter behandelte und ihr ebenso wie Yaśodā Befreiung von der materiellen Welt gewährte.

Als Kṛṣṇa Seine Augen schloß, nahm Pūtanā Ihn auf ihren Schoß. Sie ahnte nicht, daß sie den leibhaftigen Tod in ihren Armen hielt. Wenn ein Mensch irrtümlich eine Schlange für ein Seil hält, begeht er einen verhängnisvollen Fehler. Pūtanā hatte viele Kinder getötet, bevor sie zu Kṛṣṇa kam, doch nun nahm sie die Schlange an ihre Brust, die sie augenblicklich töten sollte.

Als Pūtanā das Baby auf den Schoß nahm, waren sowohl Yaśodā als auch Rohiṇī in der Nähe, doch sie hinderten die Hexe nicht daran, weil sie so wunderschön gekleidet war und mütterliche Zuneigung für Kṛṣṇa zeigte. Sie wußten nicht, daß sie wie ein Schwert in einer verzierten Scheide war. Pūtanā hatte ihre Brüste mit einem tödlichen Gift eingerieben, und gleich nachdem sie das Kind genommen hatte, schob sie Ihm eine ihrer Brustwarzen in den Mund. Sie erwartete, daß Kṛṣṇa augenblicklich sterben würde, wenn Er an ihrer Brust saugte, doch Kṛṣṇa griff ärgerlich und bestimmt nach ihrer Brust und saugte ihr zusammen mit der vergifteten Milch die Lebensluft aus dem Körper.

Mit anderen Worten: Kṛṣṇa trank ihre Milch und tötete sie dabei gleichzeitig, indem Er ihr das Leben aussaugte. Kṛṣṇa ist so barmherzig, daß Er sogar die Hexe Pūtanā als Seine Mutter annahm, als diese Ihm ihre Brustmilch anbot. Um sie jedoch an weiteren Abscheulichkeiten zu hindern, tötete Er sie. Die Dämonin erlangte, da sie von Kṛṣṇa getötet wurde, augenblicklich die Befreiung.

Als Kṛṣṇa ihr die Lebenskraft aussaugte, stürzte Pūtanā zu Boden, streckte Arme und Beine weit von sich und begann zu schreien: »O Kind, geh von mir, laß von mir ab!« Laut gellten ihre Schreie, der Schweiß brach ihr aus allen Poren, und als sie sterbend niederstürzte, erzitterten Himmel und Erde unter ungeheurem Krachen, und den Menschen schien es, als fielen Blitze vom Himmel. So endete der Alptraum von der Hexe Pūtanā, und sie nahm wieder ihre wirkliche Gestalt als große Dämonin an. Sie riß ihren furchterregenden Rachen weit auf und streckte Arme und Beine gen Himmel. Als sie niederfiel, glich sie Vṛtrasura, der einstmals vom Blitzstrahl Indras erschlagen wurde. Das lange Haar hing ihr in Strähnen über den gewaltigen Leib, der bis zu einer Länge von zwölf Meilen anwuchs und dabei alle Bäume umriß und zersplitterte. Ihre Zähne glichen aufgepflügtem Erdreich, und ihre Nüstern waren groß wie Berghöhlen. Ihre Brüste glichen kleinen Hügeln, und ihr Haar erinnerte an ein großes rötliches Gebüsch. Ihre Augen sahen aus wie pechschwarze Brunnen, und ihre Hüften waren wie die beiden Ufer eines Flusses. Ihre Hände ähnelten zwei stabilen Brücken, und ihr Bauchnabel glich einem ausgetrockneten See. Ihr Anblick erfüllte die Kuhhirten und Kuhhirtinnen mit Ehrfurcht und Erstaunen, und das Getöse, das die Luft erfüllte, als die Hexe zu Boden stürzte, betäubte sie fast und ließ ihre Herzen bis zum Hals schlagen.

Als die gopīs den kleinen Kṛṣṇa furchtlos auf Pūtanās Schoß spielen sahen, eilten sie schnell herbei und nahmen Ihn auf den Arm. Mutter Yaśodā, Rohinī und einige andere ältere gopīs begannen gleich darauf mit unheilabwendenden Ritualen. Sie nahmen einen Kuhschwanz und umkreisten Kṛṣṇa, wuschen Ihn von Kopf bis Fuß mit Kuhurin und bewarfen Ihn mit dem Staub, den die Kühe mit ihren Hufen aufgewirbelt hatten.

All das wurde unternommen, um den kleinen Kṛṣṇa vor allem zukünftigen Unheil zu bewahren, und dieser Vorfall beweist, wie wichtig die Kuh für die Familie und die Gesellschaft, ja für alle Lebewesen ist. Natürlich brauchte der transzendentale Körper Kṛṣṇas nicht beschützt zu werden, doch um uns zu zeigen, welche Bedeutung die Kuh hat, wurde der Herr mit Kuhdung eingerieben, mit dem Urin der Kuh gewaschen und mit dem Staub besprenkelt, den die Kühe beim Gehen aufgewirbelt hatten.

Nach diesem Reinigungsvorgang chanteten die gopīs unter der Leitung von Mutter Yaśodā und Rohiṇī die verschiedenen Namen Viṣṇus, um Kṛṣṇas Körper vor allen schlechten Einflüssen zu schützen. Sie wuschen ihre Hände und Füße und schlürften dreimal Wasser, wie es vor dem Chanten eines mantras Brauch ist. Dann chanteten sie: »Lieber Kṛṣṇa, möge der Herr, der als Śrī Maṇimān bekannt ist, Deine Hüften beschützen; möge Śrī Viṣṇu, der als Yajña bekannt ist, Deine Beine beschützen; möge Śrī Acyuta Deine Arme beschützen, und möge Śrī Hayagrīva Deinen Bauch beschützen. Möge Śrī Keśava Dein Herz behüten; möge Śrī Viṣṇu Deine Arme behüten; möge Śrī Urukrama Dein Gesicht beschützen; möge Śrī Iśvara Deinen Kopf beschützen; möge Śrī Cakradhara Deine Brust beschützen; möge Śrī Gadādhara Deinen Rücken beschützen, und möge Śrī Madhusūdana, der einen Bogen in Seiner Hand trägt, Deine Augen behüten. Möge Śrī Viṣṇu, der in Seiner Hand ein Muschelhorn hält, Deine linke Seite beschützen; möge Śrī Upendra Dich von oben beschützen; möge Śrī Tārkṣya Dich von unten her und Śrī Haladhara Dich von allen Seiten beschützen. Möge Śrī Hṛṣīkeśa Deine Sinne behüten; möge Śrī Nārāyaṇa Deinen Atem behüten; möge der Herr von Śvetadvīpa, Nārāyaṇa, Dein Herz behüten; möge Śrī Yogeśvara Deinen Geist behüten; möge Śrī Pṛśnigarbha Deine Intelligenz behüten, und möge der Höchste Persönliche Gott Deine Seele behüten. Beim Spielen schütze Dich Śrī Govinda von allen Seiten; während des Schlafes schütze Dich Śrī Mādhava vor aller Gefahr; beim Gehen bewahre Dich Śrī Vaikuṇṭha davor niederzufallen, und möge Er Dich auch wenn Du sitzt behüten. Beim Essen schütze Dich Śrī Yajñeśvara, der Herr aller Opfer.«

Mutter Yaśodā chantete die vielen Namen Viṣṇus, um auf diese Weise die verschiedenen Körperteile Kṛṣṇas zu schützen. Sie war fest davon überzeugt, daß sie ihr Kind vor allen möglichen Geistern und Dämonen schützen müsse, wie z. B. den Dākinīs, Yātudhānīs, Kūṣmāṇdās, Yakṣas, Rākṣasas, Vināyakas, Koṭarā, Revatī, Jyeṣṭhā, Pūtanā, Mātṛkās, Unmādas und ähnlichen anderen üblen Geistern, die einen Menschen seine Existenz vergessen lassen und seine Sinne und die Lebensluft unheilvoll beeinflussen. Manchmal erscheinen sie in Träumen und stiften große Verwirrung, und zuweilen erscheinen sie auch als alte Frauen und saugen den kleinen Kindern das Blut aus. Doch all diese bösen Geister und dunklen Elemente können die Klangschwingung von Gottes heiligem Namen nicht ertragen und meiden einen Ort, wo der heilige Name gechantet wird. Mutter Yaśodā war von den vedischen Unterweisungen fest überzeugt, die besagen, wie wichtig die Kühe und der heilige Name Viṣṇus sind, und deshalb suchte sie bei den Kühen und den Namen Viṣṇus Zuflucht, um ihr Kind zu schützen. Sie chantete alle heiligen Namen Viṣṇus im Vertrauen, daß Er ihr Kind behüten werde.

Schon vom Beginn der Weltgeschichte an ist das Halten von Kühen und das Chanten der heiligen Namen Viṣṇus ein wesentlicher Teil der vedischen Kultur. Menschen, die noch den Veden folgen, besonders die Haushälter unter ihnen, halten sich daher meistens ein Dutzend Kühe und verehren die transzendentale Bildgestalt Viṣṇus, die sie in ihrem Hause aufgestellt haben.

Die älteren gopīs von Gokula liebten Kṛṣṇa so sehr, daß sie Ihn beschützen wollten, obwohl dies überhaupt nicht notwendig war, da Er Sich bereits selbst geholfen hatte. Sie ahnten nicht, daß Kṛṣṇa der Höchste Persönliche Gott war, der wie ein gewöhnliches Kind spielte. Nachdem sie die Rituale beendet hatten, nahm Mutter Yaśodā Kṛṣṇa auf den Schoß und gab Ihm ihre Brust. Da ihr Kind nun von den Namen Viṣṇus beschützt war, fühlte Mutter Yaśodā sich beruhigt.

Unterdessen waren die Kuhhirten aus Mathurā zurückgekehrt. Sie waren sehr überrascht, als sie den gigantischen Körper Pūtanās sahen, und Nanda Mahārāja erinnerte sich an die Prophezeiung Vasudevas und dachte, dieser müsse wohl ein großer Weiser oder mystischer yogī sein, denn wie hätte er sonst einen Vorfall voraussagen können, der während seiner Abwesenheit in Gokula geschah.

Die Dorfbewohner schnitten den ungeheuren Leib Pūtanās in Stücke und stapelten die Teile mit Holz zu einem Haufen auf, den sie dann in Brand setzten. Als die Gließmaßen von Pūtanās Körper brannten, verbreitete der Rauch, der vom Feuer aufstieg, einen angenehmen Duft - weil Pūtanā nämlich von Kṛṣṇa getötet worden war, war die Dämonin von all ihren Sünden gereinigt worden und hatte einen spirituellen Körper erlangt. Dieses Beispiel zeigt, daß der Höchste Persönliche Gott allgütig ist: Pūtanā hatte die Absicht, Kṛṣṇa zu töten, aber weil sie Ihm ihre Milch zu trinken gab, wurde sie augenblicklich geläutert, und ihr toter Körper nahm transzendentale Eigenschaften an. Sie liebte es, kleine Kinder zu töten und ihnen das Blut auszusaugen, und obwohl sie zu Kṛṣṇa in böser Absicht kam, wurde sie befreit, da sie Ihm ihre Brust gab. Was soll man dann erst von denen sagen, die Kṛṣṇa als Mutter oder Vater lieben? Die reinen Gottgeweihten dienen Kṛṣṇa ständig mit großer Liebe und Hingabe, denn Er ist der Höchste Persönliche Gott, die Überseele, die in jedem Lebewesen weilt.

Man kann also am Beispiel der Hexe Pūtanā sehen, daß schon der kleinste Energieaufwand, den man für den Dienst des Herrn aufbringt, unermeßlichen Nutzen einträgt. Dies wird in der Bhagavad-gītā wie folgt erklärt: svalpam apy asya dharmasya. Hingebungsvolles Dienen im Kṛṣṇa-Bewußtsein ist so erhaben, daß schon der kleinste Dienst für Kṛṣṇa — sei er bewußt oder unbewußt ausgeführt — größte Vorteile bringt. Wenn Kṛṣṇa Blüten und Früchte geopfert werden, dann erfährt auch das Lebewesen, das den Körper des Baumes besitzt, von dem sie stammen, indirekt großen Nutzen. Die arcanā-Verehrung, d. h., die Verehrung Kṛṣṇas in Seiner transzendentalen Bildgestalt, kommt also jedem Lebewesen zugute.

Kṛṣṇa wird von allen großen Halbgöttern wie Brahmā und Śiva verehrt, und Pūtanā hatte das Glück, daß derselbe Kṛṣṇa als kleines Kind auf ihrem Schoß spielte. Seine Lotosfüße, die von allen großen Weisen und Gottgeweihten verehrt wurden, setzte er auf den Körper Pūtanās. Die Menschen verehren Kṛṣṇa und opfern Ihm Speisen, doch Er trank von Sich aus die Milch von Pūtanās Brust. Im Gebet eines Gottgeweihten heißt es deshalb: Wenn Pūtanā so sehr gesegnet wurde, obwohl sie Kṛṣṇa etwas in Feindschaft anbot, wie kann man dann den Nutzen ermessen, den man erfährt, wenn man Kṛṣṇa mit Liebe und Hingabe verehrt? Man sollte Kṛṣṇa in jedem Fall verehren — und wenn auch nur, weil man sich einen großen Gewinn davon verspricht. Obwohl Pūtanā eine Hexe war, erlangte sie, genau wie die Mutter des Höchsten Persönlichen Gottes, Befreiung. Es ist daher selbstverständlich, daß auch die Kühe und die gopīs, die Kṛṣṇa ihre Milch gaben, zur transzendentalen Ebene erhoben wurden. Kṛṣṇa kann jedem alles nur Denkbare gewähren — von materieller Freude bis hin zur Befreiung. Daher kann kein Zweifel darüber bestehen, daß Pūtanā, an deren Brust Kṛṣṇa saugte, befreit wurde. Und erst recht steht es außer Frage, daß die gopīs, die Kṛṣṇa so sehr liebten, Befreiung erlangten. Alle gopīs und Kuhjungen, die Kṛṣṇa in Gokula mit Liebe und Zuneigung dienten, wurden von den leidvollen Bedingungen des materiellen Daseins erlöst.

Als die Einwohner von Gokula den Wohlgeruch bemerkten, der von dem brennenden Körper Pūtanās aufstieg, fragten sie sich, woher dieser Duft komme. Und während sie sich darüber unterhielten, begannen sie zu verstehen, daß es der Rauch der brennenden Pūtanā war, der so wunderbar duftete. Sie liebten Kṛṣṇa sehr, und als sie hörten, daß die Hexe Pūtanā von Kṛṣṇa getötet worden war, gaben sie Ihm in ihrer großen Zuneigung ihren Segen. Als Nanda Mahārāja nach Hause kam, nahm er Kṛṣṇa sofort auf Seinen Schoß und roch an Seinem Köpfchen. Er war so froh, daß sein Sohn diese große Gefahr heil überstanden hatte.

Śrīla Śukadeva Gosvāmī hat alle Menschen gesegnet, die die Geschichte hören, wie Pūtanā von Kṛṣṇa getötet wurde. Sie werden mit Sicherheit die Gunst Govindas erlangen.

Hiermit enden die Erklärungen Bhaktivedantas zum 6. Kapitel des Buches Kṛṣṇa:
»Kṛṣṇa tötet die Hexe Pūtanā«.