Originale Bhagavad-gita wie sie ist - 1974 Edition

Krishna und Arjuna auf dem Schlachtfeld von Kurukshetra

Original Version 1. Auflage 1974 - von A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada

- Bhagavad-gītā - Wie Sie Ist -


Dreizehntes Kapitel
Natur, Genießer und Bewußtsein


VERS 1–2

अर्जुन उवाच ।
प्रकृतिं पुरुषञ्चैव क्षेत्रं क्षेत्रज्ञमेव च ।
एतद्वेदितुमिच्छामि ज्ञानं ज्ञेयञ्च केशव ॥१॥

श्रीभगवानुवाच ।
इदं शरीरं कौन्तेय क्षेत्रमित्यभिधीयते ।
एतद्यो वेत्ति तं प्राहुः क्षेत्रज्ञ इति तद्विदः ॥२॥

arjuna uvāca
prakṛtiṁ puruṣaṁ caiva
kṣetraṁ kṣetrajñam eva ca
etad veditum icchāmi
jñānaṁ jñeyaṁ ca keśava

śrī bhagavān uvāca
idaṁ śarīraṁ kaunteya
kṣetram ity abhidhīyate
etad yo vetti taṁ prāhuḥ
kṣetrajñaḥ iti tad-vidaḥ

arjunaḥ uvāca – Arjuna sagte; prakṛtim – Natur; puruṣam – der Genießer; ca – auch; eva – gewiß; kṣetram – Körper; kṣetrajñam – der Kenner des Körpers; eva – gewiß; ca – auch; etat – all dies; veditum – zu verstehen; icchāmi – ich wünsche; jñānam – Wissen; jñeyam – das Ziel des Wissens; ca – auch; keśava – O Kṛṣṇa; śrī bhagavān uvāca – der Höchste Persönliche Gott sagte; idam – dies; śarīram – Körper; kaunteya – O Sohn Kuntīs; kṣetram – das Feld; iti – so; abhidhīyate – wird genannt; etat – dies; yaḥ – jeder; vetti – kennt; tam – ihn; prāhuḥ – wird genannt; kṣetrajñaḥ – Kenner des Körpers; iti – so; tat-vidaḥ – diejenigen, die kennen.

ÜBERSETZUNG

Arjuna sagte: O mein lieber Kṛṣṇa, ich möchte prakṛti [die Natur], puruṣa [den Genießer], das Feld, den Kenner des Feldes, Wissen und das Ziel des Wissens verstehen. Daraufhin sagte der Höchste Herr: Den Körper, o Sohn Kuntīs, nennt man das Feld, und wer den Körper kennt, wird der Kenner des Feldes genannt.

ERKLÄRUNG

Arjuna wollte prakṛti (die Natur), puruṣa (den Genießer), kṣetra (das Feld), kṣetrajña (den Kenner des Feldes) und das Wissen verstehen und außerdem das Ziel des Wissens erfahren. Als er nach diesen Dingen fragte, antwortete Kṛṣṇa, daß der Körper das Feld, und derjenige, der dieses Feld kenne, der Kenner des Feldes genannt werde. Der Körper ist das Aktionsfeld der bedingten Seele. Die bedingte Seele ist in die materielle Existenz verstrickt und versucht Herr über die materielle Natur zu sein. Daher wird ihr, gemäß ihrer Fähigkeit, die materielle Natur zu beherrschen, ein entsprechendes Aktionsfeld gegeben. Dieses Aktionsfeld ist der Körper. Und was ist der Körper? Der Körper ist eine Zusammensetzung aus Sinnen. Die bedingte Seele möchte Sinnesbefriedigung genießen, und entsprechend ihrem Vermögen, die Sinne zu genießen, wird ihr ein Körper, ein Aktionsfeld, gegeben. Deshalb nennt man den Körper kṣetra (das Aktionsfeld der bedingten Seele) und denjenigen, der sich nicht mit dem Körper identifiziert, kṣetrajña (den Kenner des Feldes). Es ist nicht sehr schwierig, den Unterschied zwischen dem Feld und seinem Kenner, das heißt zwischen dem Körper und dem Kenner des Körpers, zu verstehen. Jeder kann verstehen, daß er von der Kindheit bis zum Alter fortwährend körperlichen Wandlungen unterliegt und dennoch die gleiche Person bleibt. Es besteht also ein Unterschied zwischen dem Kenner des Aktionsfeldes und dem Aktionsfeld selbst. Die bedingte Seele kann daher verstehen, daß sie vom Körper verschieden ist. Zu Beginn der Bhagavad-gītā wurde gesagt – dehe ’smin – das Lebewesen befindet sich im Körper, und der Körper wandelt sich von Kindheit zu Knabenzeit, von Knabenzeit zu Jugend und von Jugend zu Alter. Die Person jedoch, die den Körper besitzt, weiß, daß sich der Körper verändert; der Eigentümer ist kṣetrajña (der Kenner des Feldes). Manchmal halten wir uns für glücklich, für verrückt, für eine Frau, für einen Hund, für eine Katze usw.; wir sind die Kenner, doch der Kenner ist vom Feld verschieden. Obwohl wir viele Gegenstände gebrauchen, wie zum Beispiel unsere Kleidungsstücke, wissen wir doch, daß wir von den Dingen, die wir benutzen, verschieden sind. In ähnlicher Weise können wir mit ein wenig Überlegung auch verstehen, daß wir vom Körper verschieden sind.

In den ersten Kapiteln der Bhagavad-gītā werden der Kenner des Körpers, das Lebewesen, und die Haltung, in der es den Höchsten Herrn verstehen kann, erklärt. In den mittleren sechs Kapiteln der Gītā werden der Höchste Persönliche Gott und die Beziehung der individuellen Seele zur Überseele hinsichtlich des hingebungsvollen Dienens beschrieben. In diesen Kapiteln werden die übergeordnete Position des Höchsten Persönlichen Gottes und die untergeordnete Position der individuellen Seele eindeutig definiert. Die Lebewesen sind unter allen Umständen untergeordnet, doch weil sie diese Tatsache vergessen haben, leiden sie. Wenn sie durch fromme Aktivitäten erleuchtet werden, wenden sie sich dem Herrn auf unterschiedlichen Ebenen zu: als Leidende, als diejenigen, denen es an Geld mangelt, als Wißbegierige und als diejenigen, die auf der Suche nach dem Wissen von der Absoluten Wahrheit sind; dies wurde ebenfalls beschrieben. Vom Dreizehnten Kapitel an wird nun erklärt, wie das Lebewesen mit der materiellen Natur in Berührung kommt, und auf welche Weise es vom Höchsten Herrn durch die verschiedenen Methoden der fruchtbringenden Aktivitäten, der Entwicklung von Wissen und der Ausführung von hingebungsvollem Dienen befreit wird. Obwohl das Lebewesen vom materiellen Körper völlig verschieden ist, kommt es dennoch auf irgendeine Weise mit diesem in Kontakt. Auch das wird erklärt.

VERS 3

क्षेत्रज्ञं चापि मां विद्धि सर्वक्षेत्रेषु भारत ।
क्षेत्रक्षेत्रज्ञयोर्ज्ञानं यत्तज्ज्ञानं मतं मम ॥३॥

kṣetrajñaṁ cāpi māṁ viddhi
sarva-kṣetreṣu bhārata
kṣetra-kṣetrajñayor jñānaṁ
yat taj jñānaṁ mataṁ mama

kṣetrajñam – der Kenner; ca – auch; api – gewiß; mām – Mich; viddhi – kennt; sarva – alle; kṣetreṣu – in körperlichen Feldern; bhārata – O Nachkomme Bharatas; kṣetra – Aktionsfeld (der Körper); kṣetrajñayoḥ – der Kenner des Feldes; jñānam – Wissen; yat – das, was gelehrt wird; tat – das; jñānam – Wissen; matam – Ansicht; mama – Mein.

ÜBERSETZUNG

O Nachkomme Bharatas, du solltest verstehen, daß Ich der Kenner in allen Körpern bin und daß Wissen bedeutet, den Körper und seinen Besitzer zu kennen. Das ist Meine Ansicht.

ERKLÄRUNG

Bei der Analyse des Körpers und des Eigentümers des Körpers und der Seele und der Überseele werden wir drei Themen für unser Studium finden: den Herrn, das Lebewesen und die Materie. In jedem Aktionsfeld, das heißt in jedem Körper, existieren zwei Seelen: die individuelle Seele und die Überseele. Weil die Überseele eine vollständige Erweiterung des Höchsten Persönlichen Gottes, Kṛṣṇas, ist, sagt Kṛṣṇa: „Ich bin zwar der Kenner, doch bin Ich nicht der individuelle Eigentümer des Körpers. Ich bin der Allwissende. Ich bin in jedem Körper als Paramātmā, als Überseele, gegenwärtig.“

Wer das Aktionsfeld und den Kenner des Feldes sehr eingehend im Sinne der Bhagavad-gītā studiert, kann Wissen erlangen. Der Herr sagt: „Ich bin in jedem individuellen Körper der Kenner des Aktionsfeldes.“ Das Individuum mag vielleicht seinen eigenen Körper kennen, doch es ist sich nicht über die Körper anderer bewußt. Der Höchste Persönliche Gott jedoch, der als Überseele in allen Körpern anwesend ist, weiß alles über alle Körper. Er kennt all die verschiedenen Körper aller verschiedenen Lebensformen. Ein Bürger kennt vielleicht sein eigenes Stück Land, doch der König kennt nicht nur seinen Palast, sondern auch alle Ländereien, die die individuellen Bürger besitzen. In ähnlicher Weise ist man vielleicht der Besitzer seines eigenen Körpers, doch der Herr ist der Besitzer aller Körper. Der König ist der eigentliche Besitzer des Königreiches, und die Bürger sind die untergeordneten Besitzer. In ähnlicher Weise ist der Höchste Herr der höchste Besitzer aller Körper.

Der Körper besteht aus den Sinnen. Der Höchste Herr ist Hṛṣīkeśa, der Kontrollierende der Sinne. Er ist der ursprüngliche Kontrollierende der Sinne, genau wie der König der ursprüngliche Kontrollierende aller Aktivitäten im Staat ist; die Bürger hingegen sind untergeordnete Kontrollierende. Der Herr sagt in diesem Vers, daß Er auch der Kenner sei, was bedeutet, daß Er allwissend ist; die individuelle Seele jedoch kennt nur ihren eigenen Körper. In den vedischen Schriften wird folgendes gesagt:

kṣetrāṇi hi śarīrāṇi bījaṁ cāpi śubhāśubhe
tāni vetti sa yogātmā tataḥ kṣetrajña ucyate.

„Der Körper wird kṣetra genannt, und in ihm weilt der Eigentümer des Körpers zusammen mit dem Höchsten Herrn, der sowohl den Körper als auch den Eigentümer des Körpers kennt. Deshalb wird Er der Kenner aller Felder genannt.“

Der Unterschied zwischen dem Aktionsfeld, dem Eigentümer der Aktivitäten und dem höchsten Eigentümer der Aktivitäten wird wie folgt beschrieben: vollkommenes Wissen von der Beschaffenheit des Körpers, der individuellen Seele und der Überseele ist in den vedischen Schriften als jñānam bekannt. Das ist Kṛṣṇas Ansicht. Wissen bedeutet zu verstehen, daß die Seele und die Überseele eins und doch verschieden sind. Wer das Feld der Aktivitäten und den Kenner der Aktivität nicht versteht, verfügt über kein vollkommenes Wissen. Man muß die Position von prakṛti (der Natur), puruṣa (dem Genießer der Natur) und īśvara (dem Kenner) verstehen, der über die Natur und die individuellen Seelen herrscht bzw. sie kontrolliert. Man sollte die Positionen dieser drei nicht miteinander verwechseln, ähnlich wie man auch den Maler, das Gemälde und die Staffelei nicht miteinander vertauschen sollte. Die Natur ist die materielle Welt bzw. das Feld der Aktivitäten; der Genießer der Natur ist das Lebewesen, und über beiden befindet sich der höchste Kontrollierende, der Persönliche Gott. In der vedischen Literatur finden wir auch folgende Aussage:

bhoktā bhogyaṁ preritāraṁ ca matvā
sarvaṁ proktaṁ tri-vidhaṁ brahmam etat.

„Es gibt drei Auffassungen des Brahman: prakṛti ist Brahman als Aktionsfeld, jīva (die individuelle Seele) ist auch Brahman und versucht die materielle Natur zu beherrschen, und der Kontrollierende beider ist ebenfalls Brahman, doch Er ist der eigentliche Kontrollierende.“

In diesem Kapitel wird auch erklärt, daß von diesen beiden Kennern der eine fehlbar und der andere unfehlbar ist; der eine ist übergeordnet und der andere untergeordnet. Wer glaubt, es gebe nur einen Kenner, und somit die beiden Kenner des Feldes für ein und denselben hält, widerspricht dem Höchsten Persönlichen Gott, der hier unmißverständlich sagt: „Ich bin ebenfalls der Kenner des Aktionsfeldes.“ Wer ein Seil fälschlich für eine Schlange hält, ist unwissend. Es gibt unterschiedliche Körper, und es gibt verschiedene Eigentümer der Körper. Weil jede individuelle Seele ihre individuelle Fähigkeit hat, über die materielle Natur zu herrschen, existieren unterschiedliche Körper. Der Höchste ist in all diesen Körpern als der Kontrollierende gegenwärtig. Das Wort ca ist hier von Bedeutung, da es auf die Gesamtzahl aller Körper hinweist. Śrīla Baladeva Vidyābhūṣaṇa vertritt folgende Auffassung: Kṛṣṇa ist die Überseele, die in jedem einzelnen Körper neben der individuellen Seele weilt. Und Kṛṣṇa sagt hier unmißverständlich, daß die Überseele sowohl die einzelnen Aktionsfelder als auch die begrenzten Genießer kontrolliert.

VERS 4

तत्क्षेत्रं यच्च यादृक्च यद्विकारि यतश्च यत् ।
स च यो यत्प्रभावश्च तत्समासेन मे शृणु ॥४॥

tat kṣetraṁ yac ca yādṛk ca
yad vikāri yataś ca yat
sa ca yo yat prabhāvaś ca
tat samāsena me śṛṇu

tat – das; kṣetram – Aktionsfeld; yat – wie; ca – auch; yādṛk – wie es ist; ca – auch; yat – was ist; vikāri – Wandel; yataḥ – wovon; ca – auch; yat – einer; saḥ – er; ca – auch; yaḥ – jemand; yat – was; prabhāvaḥ ca – auch Einfluß; tat – das; samāsena – im einzelnen; me – von Mir; śṛṇu – verstehen.

ÜBERSETZUNG

Höre nun bitte Meine kurze Beschreibung des Aktionsfeldes und wie es beschaffen ist, welche Veränderungen in ihm stattfinden, woraus es besteht, wer der Kenner des Feldes ist und welchen Einfluß er hat.

ERKLÄRUNG

Der Herr beschreibt nun die wesenseigenen Positionen des Aktionsfeldes und seines Kenners. Man muß wissen, wie der Körper beschaffen ist, aus welchem Material er besteht, unter wessen Kontrolle er arbeitet, wie die Veränderungen auftreten, woher diese Veränderungen kommen, welches die Ursachen sind, welches die Gründe sind, was das endgültige Ziel des Individuums ist und welches die eigentliche Form der individuellen Seele ist. Man sollte ebenfalls den Unterschied zwischen der individuellen Seele und der Überseele kennen und auch die verschiedenen Einflüsse und ihre Möglichkeiten verstehen. Wenn man die Bhagavad-gītā einfach nach der Beschreibung des Höchsten Persönlichen Gottes versteht, werden all diese Punkte geklärt sein. Doch man sollte sich hüten, den Höchsten Persönlichen Gott, der Sich in jedem Körper, oder genauer gesagt, in jeder individuellen Seele befindet, für die jīva zu halten. Das würde bedeuten, den Mächtigen mit dem Machtlosen gleichzusetzen.

VERS 5

ऋषिभिर्बहुधा गीतं छन्दोभिर्विविधैः पृथक् ।
ब्रह्मसूत्रपदैश्चैव हेतुमद्भिर्विनिश्चितैः ॥५॥

ṛṣibhir bahudhā gītaṁ
chandobhir vividhaiḥ pṛthak
brahma-sūtra-padaiś caiva
hetumadbhir viniścitaiḥ

ṛṣibhiḥ – von den kundigen Weisen; bahudhā – vielfach; gītam – beschrieben; chandobhiḥ – vedischen Hymnen; vividhaiḥ – in verschiedenen; pṛthak – verschiedentlich; brahma-sūtra – der Vedānta; padaiḥ – Aphorismus; ca – auch; eva – gewiß; hetumadbhiḥ – mit Ursache und Wirkung; viniścitaiḥ – prüfen.

ÜBERSETZUNG

Dieses Wissen vom Aktionsfeld und vom Kenner der Aktivitäten wird von verschiedenen Weisen in verschiedenen vedischen Schriften beschrieben – besonders im Vedānta-sūtra –, und es wird mit allen Schlußfolgerungen im Hinblick auf Ursache und Wirkung erklärt.

ERKLÄRUNG

Der Höchste Persönliche Gott, Kṛṣṇa, ist die höchste Autorität, wenn es darum geht, dieses Wissen zu erklären. Erfahrene Gelehrte und maßgebende Autoritäten berufen sich selbstverständlich immer auf vorangegangene Autoritäten, und so erklärt Kṛṣṇa diesen umstrittenen Punkt – die Dualität und die Nicht-Dualität der Seele und der Überseele –, indem Er Sich auf Schriften wie das Vedānta-sūtra bezieht, das als Autorität akzeptiert wird. Als erstes sagt Er, daß dieses Wissen mit den Lehren verschiedener Weiser übereinstimme. Außer Ihm Selbst ist auch Vyāsadeva, der Verfasser des Vedānta-sūtra, ein großer Weiser; im Vedānta-sūtra wird Dualität eingehend erklärt. Auch Vyāsadevas Vater, Parāśara, war ein großer Weiser, der in seinen Büchern unter anderem schreibt:

aham tvaṁ ca athānye…

„Wir – du, ich und die verschiedenen anderen Lebewesen – sind alle transzendental, obwohl wir uns in materiellen Körpern befinden. Gegenwärtig sind wir, entsprechend unserem unterschiedlichen karma, in die Bahnen der drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur gefallen. Daher befinden sich einige auf höheren und andere auf niederen Lebensstufen. Die höheren und niederen Eigenschaften existieren aufgrund von Unwissenheit und sind in einer unbegrenzten Anzahl von Lebewesen manifestiert. Die unfehlbare Überseele jedoch wird von den drei Erscheinungsweisen der Natur nicht verunreinigt – Sie ist transzendental.“

Auch in den ursprünglichen Veden, ganz besonders in der Kaṭha Upaniṣad, wird zwischen der Seele, der Überseele und dem Körper unterschieden.

Es gibt eine Manifestation der Energie des Herrn, annamaya, durch die man erkennt, daß man in seiner Existenz von Nahrung abhängig ist. Dies ist die materialistische Verwirklichung des Höchsten. Darüber hinaus gibt es prāṇamaya, was bedeutet, daß man, nachdem man die Höchste Absolute Wahrheit in der Nahrung verwirklicht hat, die Absolute Wahrheit in den Lebenssymptomen oder in den Lebensformen verwirklicht. Auf der Stufe der jñānamaya entwickelt sich das Lebenssymptom bis zum Punkt des Denkens, Fühlens und Wollens. Daraufhin folgt die vijñānamaya genannte Verwirklichung, durch die der Geist und die Lebenssymptome des Lebewesens vom Lebewesen selbst unterschieden werden. Die nächste und höchste Stufe ist ānandamaya, die Verwirklichung der allglückseligen Natur. Somit gibt es also fünf Stufen der Brahman-Verwirklichung, die brahma puccham genannt wird. Von diesen Stufen bilden die ersten vier – annamaya, prāṇamaya, jñānamaya und vijñānamaya – das Aktionsfeld der Lebewesen. Der Höchste Herr, der ānandamaya genannt wird, ist transzendental zu diesem Aktionsfeld. Im Vedānta-sūtra wird der Höchste auch ānandamayo ’bhyāsāt genannt. Der Höchste Persönliche Gott ist von Natur aus voller Freude, und um Seine transzendentale Glückseligkeit zu genießen, erweitert Er Sich zu vijñānamaya, jñānamaya, prāṇamaya und annamaya. In diesem Aktionsfeld gilt das Lebewesen als der Genießer, doch die ānandamaya ist verschieden von ihm. Das bedeutet, daß das Lebewesen vollkommen wird, wenn es sich entschließt, in Verbindung mit der ānandamaya zu genießen. Das ist die wahre Darstellung des Höchsten Herrn als höchster Kenner des Feldes, des Lebewesens als untergeordneter Kenner und der Natur des Aktionsfeldes.

VERS 6–7

महाभूतान्यहङ्कारो बुद्धिरव्यक्तमेव च ।
इन्द्रियाणि दशैकञ्च पञ्च चेन्द्रियगोचराः ॥६॥

इच्छा द्वेषः सुखं दुःखं सङ्घातश्चेतना धृतिः ।
एतत्क्षेत्रं समासेन सविकारमुदाहृतम् ॥७॥

mahā-bhūtāny ahaṅkāro
buddhir avyaktam eva ca
indriyāṇi daśaikaṁ ca
pañca cendriya-gocarāḥ

icchā dveṣaḥ sukhaṁ duḥkhaṁ
saṅghātaś cetanā dhṛtiḥ
etat kṣetraṁ samāsena
sa-vikāram udāhṛtam

mahā-bhūtāni – große Elemente; ahaṅkāraḥ – falsches Ich; buddhiḥ – Intelligenz; avyaktam – das Unmanifestierte; eva – gewiß; ca – auch; indriyāṇi – Sinne; daśa ekam – elf; ca – auch; pañca – fünf; ca – auch; indriya-gocarāḥ – Objekte der Sinne; icchā – Verlangen; dveṣaḥ – Haß; sukham – Glück; duḥkham – Leid; saṅghātaḥ – die Gesamtheit (das Aggregat); cetanā – Lebenssymptome; dhṛtiḥ – Überzeugung; etat – all dies; kṣetram – Aktionsfeld; samāsena – zusammengenommen; sa-vikāram – Wechselwirkung; udāhṛtam – im Beispiel dargestellt.

ÜBERSETZUNG

Die fünf großen Elemente, falsches Ich, Intelligenz, das Unmanifestierte, die zehn Sinne, der Geist, die fünf Sinnesobjekte, Verlangen, Haß, Glück, Leid, das Aggregat, die Lebenssymptome und die Überzeugungen – all dies zusammen bildet das Aktionsfeld und seine Wechselwirkungen.

ERKLÄRUNG

Nach allen autoritativen Aussagen der großen Weisen, der vedischen Hymnen und der Aphorismen des Vedānta-sūtra bilden Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther die Hauptbestandteile der materiellen Welt. Sie werden die fünf großen Elemente (mahā-bhūta) genannt. Als nächstes folgen falsches Ich, Intelligenz und der unmanifestierte Zustand der drei Erscheinungsweisen der Natur. Weiterhin gibt es fünf Sinne, um sich Wissen anzueignen: Augen, Ohren, Nase, Zunge und Tastsinn; außerdem die fünf Arbeitssinne: Stimme, Beine, Hände, Anus und Genitalien, und darüber hinaus den Geist, der sich im Innern befindet und deshalb auch der innere Sinn genannt wird. Zusammen mit dem Geist gibt es also elf Sinne. Auch gibt es noch die fünf Objekte der Sinne: Form, Klang, Geruch, Geschmack und Tastgefühl. Die Gesamtheit dieser vierundzwanzig Elemente wird als das Aktionsfeld bezeichnet. Wenn man ein analytisches Studium dieser vierundzwanzig Elemente vornimmt, kann man das Aktionsfeld sehr gut verstehen. Außerdem gibt es Verlangen, Haß, Freude und Schmerz, die Wechselwirkungen und Repräsentationen der fünf großen Elemente im groben Körper sind. Die Lebenssymptome, die von Bewußtsein und Überzeugung repräsentiert werden, sind die Manifestationen des feinstofflichen Körpers – von Geist, Intelligenz und falschem Ich. Diese feinstofflichen Elemente sind im Aktionsfeld mitenthalten. Die fünf großen Elemente sind grobstoffliche Repräsentationen des feinstofflichen falschen Ichs. Sie sind eine Repräsentation der materiellen Auffassung des Lebens und der fünf Sinnesobjekte. Das Bewußtsein wird von der Intelligenz repräsentiert, deren unmanifestierte Stufe die drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur bilden. Die unmanifestierten drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur werden pradhāna genannt. Wer die vierundzwanzig Elemente mit ihren Wechselwirkungen im einzelnen kennen möchte, sollte diese Philosophie eingehender studieren; in der Bhagavad-gītā wird lediglich eine Zusammenfassung gegeben.

Der Körper ist die Repräsentation all dieser Faktoren, und er unterliegt sechs Veränderungen: er wird geboren, wächst heran, bleibt eine Zeitlang bestehen, pflanzt sich fort, beginnt allmählich zu zerfallen und vergeht schließlich. Deshalb ist das Aktionsfeld eine nicht-dauerhafte, materielle Manifestation. Der kṣetrajña jedoch, der Kenner und Eigentümer des Feldes, ist verschieden davon.

VERS 8–12

अमानित्वमदम्भित्वमहिंसा क्षान्तिरार्जवम् ।
आचार्योपासनं शौचं स्थैर्यमात्मविनिग्रहः ॥८॥

इन्द्रियार्थेषु वैराग्यमनहङ्कार एव च ।
जन्ममृत्युजराव्याधिदुःखदोषानुदर्शनम् ॥९॥

असक्तिरनभिष्वङ्गः पुत्रदारगृहादिषु ।
नित्यञ्च समचित्तत्वमिष्टानिष्टोपपत्तिषु ॥१०॥

मयि चानन्ययोगेन भक्तिरव्यभिचारिणी ।
विविक्तदेशसेवित्वमरतिर्जनसंसदि ॥११॥

अध्यात्मज्ञाननित्यत्वं तत्त्वज्ञानार्थदर्शनम् ।
एतज्ज्ञानमिति प्रोक्तमज्ञानं यदतोऽन्यथा ॥१२॥

amānitvam adambhitvam
ahiṁsā kṣāntir ārjavam
ācāryopāsanaṁ śaucaṁ
sthairyam ātma-vinigrahaḥ

indriyārtheṣu vairāgyam
anahaṅkāra eva ca
janma-mṛtyu-jarā-vyādhi-
duḥkha-doṣānudarśanam

asaktir anabhiṣvaṅgaḥ
putra-dāra-gṛhādiṣu
nityaṁ ca sama-cittatvam
iṣṭāniṣṭopapattiṣu

mayi cānanya yogena
bhaktir avyabhicāriṇī
vivikta-deśa-sevitvam
aratir jana-saṁsadi

adhyātma-jñāna-nityatvaṁ
tattva-jñānārtha-darśanam
etaj jñānam iti proktam
ajñānaṁ yad ato ’nyathā

amānitvam – Demut; adambhitvam – Bescheidenheit; ahiṁsā – Gewaltlosigkeit; kṣāntiḥ – Duldsamkeit; ārjavam – Einfachheit; ācārya-upāsanam – Aufsuchen eines geistigen Meisters; śaucam – Sauberkeit; sthairyam – Stetigkeit; ātma-vinigrahaḥ – Kontrolle; indriya-artheṣu – in Bezug auf die Sinne; vairāgyam – Entsagung; anahaṅkāraḥ – Freisein vom falschen Ich; eva – gewiß; ca – auch; janma – Geburt; mṛtyu – Tod; jarā – Alter; vyādhi – Krankheit; duḥkha – Leid; doṣa – Fehler; anudarśanam – beachtend; asaktiḥ – ohne Anhaftung; anabhiṣvaṅgaḥ – ohne Umgang; putra – Sohn; dāra – Frau; gṛha-ādiṣu – Zuhause, usw.; nityam – ewig; ca – auch; sama-cittatvam – Ausgeglichenheit; iṣṭa – wünschenswert; aniṣṭaḥ – nicht wünschenswert; upapattiṣu – erlangt haben; mayi – zu Mir; ca – auch; ananya-yogena – durch hingebungsvolles Dienen; bhaktiḥ – Hingabe; avyabhicāriṇī – fortwährend, rein; vivikta – einsam; deśa – Ort; sevitvam – strebend nach; aratiḥ – ohne Anhaftung; jana – gewöhnliche Menschen; saṁsadi – Masse; adhyātma – zum Selbst gehörend; jñāna – Wissen; nityatvam – Ewigkeit; tattva-jñāna – Erkenntnis der Wahrheit; artha – das Objekt; darśanam – Philosophie; etat – all dies; jñānam – Wissen; iti – so; proktam – erklärt; ajñānam – Unwissenheit; yat – das was; ataḥ – davon; anyathā – andere.

ÜBERSETZUNG

Demut, Bescheidenheit, Gewaltlosigkeit, Duldsamkeit, Einfachheit, Aufsuchen eines geistigen Meisters, Sauberkeit, Stetigkeit und Selbstbeherrschung; Entsagung der Objekte der Sinnesbefriedigung, Freisein vom falschen Ich und das Erkennen des Übels von Geburt, Tod, Alter und Krankheit; Nichtangehaftetsein an Kinder, Frau, Heim und dergleichen, und Gleichmut bei erfreulichen und unerfreulichen Ereignissen; fortwährende und reine Hingabe zu Mir, Aufsuchen einsamer Orte und die Loslösung von der allgemeinen Masse der Menschen; die Wichtigkeit der Selbstverwirklichung zu erkennen und die philosophische Suche nach der Absoluten Wahrheit – all dies ist Wissen, und alles, was dem widerspricht, ist Unwissenheit.

ERKLÄRUNG

Der obengenannte Vorgang der Erkenntnis wird manchmal von weniger intelligenten Menschen als die Wechselwirkung des Aktionsfeldes mißverstanden. Doch tatsächlich ist dies der echte Vorgang der Erkenntnis. Wenn man diesen Vorgang akzeptiert, besteht die Möglichkeit, der Absoluten Wahrheit näherzukommen. Er ist nicht, wie zuvor beschrieben wurde, eine Wechselwirkung der zehnfachen Elemente, sondern das Mittel, von diesen frei zu werden. In der ersten Zeile des elften Verses wird der wichtigste Punkt des Wissens erwähnt: der Vorgang der Erkenntnis endet im hingebungsvollen Dienen. Wenn man sich also nicht dem transzendentalen Dienst des Herrn zuwendet, oder nicht imstande ist, sich Ihm zuzuwenden, haben die anderen neunzehn Punkte keinen besonderen Wert. Doch wenn sich jemand dem hingebungsvollen Dienen in völligem Kṛṣṇa-Bewußtsein zuwendet, entwickeln sich die restlichen neunzehn Eigenschaften von selbst in ihm. Wie im achten Vers erklärt wird, ist es ein wesentliches Prinzip, einen geistigen Meister anzunehmen. Selbst für einen Menschen, der sich dem transzendentalen Dienst zuwendet, ist es das wichtigste, einen geistigen Meister anzunehmen. Transzendentales Leben beginnt erst dann, wenn man einen echten geistigen Meister akzeptiert. Der Höchste Persönliche Gott, Śrī Kṛṣṇa, sagt hier eindeutig, daß dieser Vorgang der Erkenntnis der richtige Weg sei. Jede Spekulation, die davon abweicht, ist also Unsinn.

Das hier dargelegte Wissen kann wie folgt analysiert werden:

Amānitvam (Demut) bedeutet, nicht danach zu streben, von anderen geehrt zu werden. Die materielle Auffassung des Lebens macht uns sehr begierig, von anderen Ehre zu empfangen; doch in den Augen eines Menschen, der in vollkommenem Wissen gründet, der weiß, daß er nicht mit dem Körper identisch ist, sind Ehre oder Schmach bedeutungslos, da sie sich auf den Körper beziehen. Man sollte nicht nach solchen materiellen Trugbildern streben. Die Menschen sind sehr darum bemüht, für ihre Religiosität berühmt zu werden, und so kann man manchmal beobachten, wie sich ein Mensch, ohne die Prinzipien der Religion zu verstehen, irgendeiner religiösen Gruppe anschließt, die jedoch in Wirklichkeit keinen religiösen Prinzipien folgt, und sich daraufhin als Prediger aufspielt.

Anhand der nun folgenden Punkte sollte man prüfen, inwieweit ein Mensch in der spirituellen Wissenschaft fortgeschritten ist.

Im allgemeinen wird die Auffassung vertreten, ahiṁsā (Gewaltlosigkeit) bedeute, den Körper nicht zu töten oder zu zerstören; doch in Wirklichkeit bedeutet Gewaltlosigkeit, anderen kein Leid zuzufügen. Die meisten Menschen sind durch Unwissenheit in der materiellen Auffassung des Lebens gefangen und erleiden daher unaufhörlich materielle Qualen. Solange man also die Menschen nicht zu spirituellem Wissen erhebt, ist man gewalttätig. Man sollte sein Bestes versuchen, den Menschen wirkliches Wissen zu vermitteln, so daß sie erleuchtet werden und der materiellen Verstrickung entkommen können. Das ist wahre Gewaltlosigkeit.

Kṣāntiḥ (Duldsamkeit) bedeutet, darauf vorbereitet zu sein, Beleidigungen und Schmähungen von anderen zu ertragen. Wenn man Fortschritt im spirituellen Wissen macht, wird man oft von anderen beleidigt und geschmäht. Das ist zu erwarten, weil dies die Beschaffenheit der materiellen Natur ist. Selbst ein Junge wie Prahlāda, der sich – obwohl er erst fünf Jahre alt war – mit der Entwicklung spirituellen Wissens beschäftigte, geriet in Gefahr, als sein Vater von seiner Hingabe zu Kṛṣṇa erfuhr und versuchte, ihn auf vielfache Weise zu töten. Doch Prahlāda tolerierte ihn. Es kann also viele Hindernisse geben, wenn man Fortschritt im spirituellen Wissen machen will, doch wir sollten tolerant sein und mit Entschlossenheit weitermachen.

Ārjavam (Einfachheit) bedeutet, so aufrichtig zu sein, daß man sogar einem Feind ohne Diplomatie die reine Wahrheit sagt.

Ācārya-upāsanam (einen geistigen Meister zu akzeptieren) ist unbedingt notwendig, weil man ohne die Anweisungen eines echten geistigen Meisters keinen Fortschritt in der spirituellen Wissenschaft machen kann. Man sollte sich dem geistigen Meister in aller Demut nähern und Ihm alle Dienste anbieten, so daß er zufriedengestellt wird und dem Schüler seine Segnungen erteilt. Wenn der geistige Meister seinen Schüler segnet, macht der Schüler augenblicklich Fortschritte – auch wenn er die regulierenden Prinzipien nicht befolgt –, denn der echte geistige Meister ist ein Repräsentant Kṛṣṇas. Zumindest wird es dem Schüler, wenn er dem geistigen Meister rückhaltlos dient, leichter fallen, die regulierenden Prinzipien einzuhalten.

Śaucam (Sauberkeit) ist ein wesentlicher Punkt, wenn man Fortschritt im spirituellen Leben machen will. Es gibt zwei Arten von Sauberkeit: äußere und innere. Äußere Sauberkeit bedeutet zum Beispiel, ein Bad zu nehmen, doch um innerlich sauber zu werden, ist es notwendig, fortwährend an Kṛṣṇa zu denken und ständig Hare Kṛṣṇa, Hare Kṛṣṇa, Kṛṣṇa Kṛṣṇa, Hare Hare / Hare Rāma, Hare Rāma, Rāma Rāma, Hare Hare zu chanten. Dieser Vorgang reinigt den Geist vom angesammelten Staub des vergangenen karma.

Sthairyam (Stetigkeit) bedeutet, sehr entschlossen zu sein, Fortschritt im spirituellen Leben zu machen. Ohne solche Entschlossenheit kann man keinen spürbaren Fortschritt machen.

Ātma-vinigrahaḥ (Selbstbeherrschung) bedeutet, nichts anzunehmen, was auf dem Pfad der spirituellen Verwirklichung hinderlich ist. Man sollte sich daran gewöhnen, alles abzulehnen, was dem Fortschritt auf dem Pfad der spirituellen Verwirklichung entgegensteht. Das bedeutet wirkliche Entsagung (vairāgyam). Die Sinne sind so stark, daß sie ständig nach Befriedigung verlangen. Man sollte solche Bedürfnisse, die nicht lebensnotwendig sind, nicht befriedigen. Die Sinne sollten nur befriedigt werden, um den Körper gesund zu halten, so daß man seine Pflicht erfüllen und Fortschritt im spirituellen Leben machen kann. Der wichtigste und zügelloseste aller Sinne ist die Zunge. Wenn man die Zunge beherrschen kann, ist es auch möglich, die anderen Sinne zu kontrollieren. Die Zunge hat die Aufgabe, zu schmecken und Klangschwingungen zu erzeugen; deshalb sollte die Zunge durch systematische Regulierung immer damit beschäftigt werden, die Reste der zu Kṛṣṇa geopferten Speisen zu schmecken und Hare Kṛṣṇa zu chanten. Was die Augen betrifft, so sollte ihnen nicht erlaubt werden, etwas anderes zu sehen, als die wunderschöne Gestalt Kṛṣṇas. Auf diese Weise können sie kontrolliert werden. In ähnlicher Weise sollten die Ohren damit beschäftigt werden, von Kṛṣṇa zu hören, und die Nase sollte die zu Kṛṣṇa geopferten Blumen riechen. Das ist der Vorgang des hingebungsvollen Dienens, und hieraus kann man ersehen, daß die Bhagavad-gītā nichts anderes darlegt als die Wissenschaft des hingebungsvollen Dienens. Hingebungsvolles Dienen ist das einzige und hauptsächliche Ziel. Unintelligente Kommentatoren versuchen, den Geist des Lesers auf andere Dinge zu lenken, doch es gibt in der Bhagavad-gītā kein anderes Thema als hingebungsvolles Dienen.

Falsches Ich bedeutet, den Körper als das Selbst zu akzeptieren. Anahaṅkāraḥ (Freisein vom falschen Ich) bedeutet zu verstehen, daß man nicht der Körper, sondern spirituelle Seele ist. Falsches Ich wird verurteilt, doch wahres Ich nicht. In den vedischen Schriften wird gesagt: ahaṁ brahmāsmi. Ich bin Brahman, ich bin spirituelle Seele. Dieses „ich bin“, dieses Gefühl des Selbst, existiert auch auf der Stufe der Selbstverwirklichung. Das Gefühl des „ich bin“ ist das Ich, doch wenn dieses Gefühl des „ich bin“ auf den Körper gerichtet wird, ist es falsches Ich. Wenn dieses Gefühl des Selbst jedoch auf die Realität gerichtet wird, ist dies das wahre Ich. Einige Philosophen sagen, wir sollten unser Ich aufgeben, doch dies ist nicht möglich, denn Ich bedeutet Identität. Selbstverständlich aber sollten wir die falsche Identifizierung mit dem Körper aufgeben.

Janma-mṛtyu-jarā-vyādhi-duḥkha-doṣānudarśanam (man sollte versuchen, das Leid zu verstehen, das darin besteht, Geburt, Tod, Alter und Krankheit ertragen zu müssen). Es gibt in den verschiedenen vedischen Schriften Beschreibungen der Geburt. Im Śrīmad-Bhāgavatam finden wir eine anschauliche Beschreibung der Welt des Ungeborenen, das heißt unter welchen Bedingungen das Kind im Mutterschoß lebt, wie es leidet usw. Man sollte unbedingt verstehen, daß die Geburt qualvoll ist. Weil wir vergessen, wie sehr wir im Schoß der Mutter gelitten haben, lösen wir nicht das Problem der sich wiederholenden Geburten und Tode. In ähnlicher Weise gibt es auch beim Tod viele Leiden, und auch sie werden in den maßgebenden Schriften erwähnt. Über diese Leiden sollte man sich bewußt werden. Und was Krankheit und Alter betrifft, so macht jeder die praktische Erfahrung davon. Niemand möchte krank oder alt werden, doch Krankheit und Alter sind unvermeidlich. Solange wir das materialistische Leben in Anbetracht der Leiden von Geburt, Alter, Krankheit und Tod nicht mit Pessimismus sehen, haben wir keinen Antrieb, im spirituellen Leben Fortschritt zu machen.

Mit der Loslösung von Heim, Frau und Kindern ist nicht gemeint, keine Gefühle für sie zu haben. Sie sind natürliche Objekte der Zuneigung, doch wenn sie für den spirituellen Fortschritt nicht hilfreich sind, sollte man nicht an ihnen haften. Kṛṣṇa-Bewußtsein ist der beste Vorgang, das Zuhause angenehm zu gestalten. Wenn jemand völlig Kṛṣṇa-bewußt ist, kann er in seinem Heim eine glückliche Atmosphäre schaffen, denn dieser Vorgang des Kṛṣṇa-Bewußtseins ist sehr einfach. Man braucht dazu nur Hare Kṛṣṇa, Hare Kṛṣṇa, Kṛṣṇa Kṛṣṇa, Hare Hare / Hare Rāma, Hare Rāma, Rāma Rāma, Hare Hare zu chanten, die Reste der Speisen zu akzeptieren, die Kṛṣṇa geopfert wurden, über Bücher wie die Bhagavad-gītā und das Śrīmad-Bhāgavatam zu sprechen und die transzendentalen Bildgestalten Kṛṣṇas zu verehren. Diese vier Dinge können einen Menschen glücklich machen. Man sollte die Mitglieder seiner Familie also in dieser Weise schulen und sich vor allem morgens und abends mit ihnen zusammensetzen und gemeinsam Hare Kṛṣṇa, Hare Kṛṣṇa, Kṛṣṇa Kṛṣṇa, Hare Hare / Hare Rāma, Hare Rāma, Rāma Rāma, Hare Hare chanten. Wenn man sein Familienleben auf diese Weise umformen kann, um Kṛṣṇa-Bewußtsein zu entwickeln, und diese vier Prinzipien befolgt, ist es nicht notwendig, auf ein Familienleben zu verzichten und die Lebensstufe der Entsagung anzunehmen. Wenn das Familienleben den spirituellen Fortschritt jedoch nicht fördert, sollte es aufgegeben werden. Um Kṛṣṇa zu verwirklichen, oder genauer gesagt, um Ihm zu dienen, muß man, genau wie Arjuna, bereit sein, alles zu opfern. Arjuna wollte seine Familienmitglieder nicht töten, doch als er verstand, daß sie Hindernisse für die Entwicklung seines Kṛṣṇa-Bewußtseins waren, akzeptierte er die Anweisungen Kṛṣṇas, kämpfte gegen seine Verwandten und tötete sie. In jedem Fall sollte man vom Glück und Leid des Familienlebens losgelöst sein, denn in der materiellen Welt kann man ohnehin niemals völlig glücklich oder völlig unglücklich sein. Glück und Leid sind Faktoren, die das materielle Leben begleiten. Wie in der Bhagavad-gītā empfohlen wird, sollte man lernen, sie zu dulden. Da man dem Kommen und Gehen von Glück und Leid niemals Einhalt gebieten kann, sollte man sich von der materialistischen Lebensweise lösen und in beiden Fällen stets ausgeglichen bleiben. Wenn wir etwas Erwünschtes bekommen, sind wir im allgemeinen sehr glücklich, und wenn uns etwas Unerwünschtes widerfährt, sind wir unglücklich. Wenn wir jedoch auf der spirituellen Ebene verankert sind, werden uns diese Dinge nicht länger berühren. Um diese Stufe zu erreichen, müssen wir uneingeschänktes hingebungsvolles Dienen praktizieren. Kṛṣṇa in Hingabe zu dienen, ohne abzuweichen, bedeutet, sich in den neun Vorgängen des hingebungsvollen Dienens zu beschäftigen: Chanten, Hören, Verehren, Ehrerbietungen erweisen usw. Dies wird im letzten Vers des Neunten Kapitels beschrieben, und man sollte diesen Vorgang praktizieren.

Wenn man ein spirituelles Leben führt, hat man selbstverständlich nicht mehr den Wunsch, mit materialistischen Menschen zusammenzusein. Dies ließe sich nicht miteinander vereinbaren. Man kann sich selbst prüfen, indem man feststellt, inwieweit man geneigt ist, an einem einsamen Ort, ohne unerwünschten Umgang, zu leben. Ein Gottgeweihter findet selbstverständlich keinen Geschmack an unnötigem Sport, Kinobesuchen oder einer hohen gesellschaftlichen Stellung, denn er versteht, daß diese Dinge nichts als Zeitverschwendung sind. Es gibt viele Forscher und Philosophen, die sich mit der Sexualität oder irgendeinem anderem Thema beschäftigen, doch nach den Lehren der Bhagavad-gītā haben solche Forschungsarbeiten und philosophischen Spekulationen keinen Wert. All dies ist mehr oder weniger unsinnig. Nach der Aussage der Bhagavad-gītā sollte man mit philosophischer Besonnenheit das Wesen der Seele erforschen. Man sollte forschen, um zu verstehen, was für das Selbst von Wichtigkeit ist. Das wird hier empfohlen. Hier wird eindeutig gesagt, daß bhakti-yoga zur Selbstverwirklichung besonders geeignet ist.

Sobald man von Hingabe spricht, muß man die Beziehung der Überseele zur individuellen Seele in Betracht ziehen. Die individuelle Seele und die Überseele können nicht eins sein – zumindest nicht in der Lebensauffassung der bhakti, der hingebungsvollen Auffassung des Lebens. Es wird eindeutig erklärt, daß der Dienst der individuellen Seele für die Höchste Seele nityam (ewig) ist. Bhakti (hingebungsvolles Dienen) ist also ewig. Man sollte in dieser philosophischen Überzeugung gefestigt sein, andernfalls verschwendet man nur Zeit und befindet sich in Unwissenheit.

Dies wird auch im Śrīmad-Bhāgavatam erklärt:

vadanti tat tattva-vidas
tattvaṁ yaj jñānam advayam
brahmeti paramātmeti
bhagavān iti śabdyate

„Diejenigen, die die Absolute Wahrheit wahrhaft kennen, wissen, daß das Höchste Selbst in drei verschiedenen Phasen verwirklicht wird: als Brahman, als Paramātmā und als Bhagavān.“ (Bhag. 1.2.11)

Bhagavān ist das höchste Verständnis in der Verwirklichung der Absoluten Wahrheit; deshalb sollte man auf die Ebene gelangen, auf der man den Höchsten Persönlichen Gott versteht, und sich daher im hingebungsvollen Dienst des Herrn beschäftigen. Das ist die Vollkommenheit des Wissens. Dieser Vorgang gleicht einer Treppe, die vom untersten Stockwerk bis zum obersten führt – er beginnt mit dem Praktizieren von Demut und endet bei der Verwirklichung der Höchsten Wahrheit, des Absoluten Persönlichen Gottes. Auf dieser Treppe stehen viele Menschen, die bereits das erste, zweite oder dritte Stockwerk erreicht haben, doch solange man nicht das oberste Stockwerk erreicht, das heißt, solange man nicht Kṛṣṇa versteht, befindet man sich auf einer unteren Stufe des Wissens. Wenn sich jemand mit Gott messen und zur selben Zeit Fortschritt im spirituellen Wissen machen will, wird er frustriert werden. Es wird unmißverständlich gesagt, daß Wissen ohne Demut schädlich ist. Sich selbst für Gott zu halten, ist die größte Aufgeblasenheit. Obwohl das Lebewesen ständig von den strengen Gesetzen der Natur getreten wird, denkt es aufgrund seiner Unwissenheit: „Ich bin Gott.“ Man sollte demütig sein und wissen, daß man dem Höchsten Herrn untergeordnet ist. Nur weil man gegen den Höchsten Herrn rebelliert, gerät man unter den Einfluß der materiellen Natur. Man muß diese Wahrheit erkennen und von ihr überzeugt sein.

VERS 13

ज्ञेयं यत्तत्प्रवक्ष्यामि यज्ज्ञात्वाऽमृतमश्नुते ।
अनादिमत्परं ब्रह्म न सत्तन्नासदुच्यते ॥१३॥

jñeyaṁ yat tat pravakṣyāmi
yaj jñātvā’mṛtam aśnute
anādimat paraṁ brahma
na sat tan nāsad ucyate

jñeyam – erkennbar; yat – das; tat – was; pravakṣyāmi – Ich werde nun erklären; yat – was; jñātvā – wissend; amṛtam – Nektar; aśnute – Geschmack; anādi – anfanglos; mat-param – Mir untergeordnet; brahma – spirituelle Natur; na – weder; sat – Ursache; tat – das; na – noch; asat – Wirkung; ucyate – wird genannt.

ÜBERSETZUNG

Ich werde dir nun das Erkennbare erklären, und wenn du es kennst, wirst du das Ewige kosten. Es ist ohne Beginn und Mir untergeordnet. Es wird Brahman genannt, die spirituelle Natur, und befindet sich jenseits von Ursache und Wirkung der materiellen Welt.

ERKLÄRUNG

Der Herr hat nun das Aktionsfeld und den Kenner des Feldes erklärt. Er hat auch erklärt, wie man den Kenner des Aktionsfeldes erkennen kann. Nun beschreibt Er das Erkennbare, das heißt die Seele und die Überseele. Wenn man den Kenner, nämlich die Seele und die Überseele, versteht, kann man den Nektar des Lebens kosten.

Wie im Zweiten Kapitel erklärt wird, ist das Lebewesen ewig. Dies wird auch hier bestätigt. Es gibt keinen bestimmten Zeitpunkt, an dem die jīva geboren wurde. Auch kann niemand herausfinden, wann der jīvātmā vom Höchsten Herrn manifestiert wurde. Daher hat er keinen Anfang. Die vedischen Schriften bestätigen dies wie folgt:

na jayata mṛjayate vā vipaścit.

„Der Kenner des Körpers wird niemals geboren und stirbt niemals, und er ist voller Wissen.“

Und die Beschreibung des Herrn lautet:

pradhāna-kṣetrajña-patir guṇeśaḥ

„Der Höchste Herr ist als die Überseele der Hauptkenner des Körpers, und Er ist der Herr über die drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur.“

In der smṛti wird gesagt:

dāsa-bhūto harer eva nānyasvaiva kadācana.

„Die Lebewesen sind ewiglich Diener des Höchsten Herrn.“

Dies wird auch von Śrī Kṛṣṇa Caitanya in Seinen Lehren bestätigt: deshalb bezieht sich die Beschreibung des Brahman, die in diesen Versen gegeben wird, auf die individuelle Seele, und wenn mit dem Wort „Brahman“ das Lebewesen gemeint ist, muß man verstehen, daß das Lebewesen vijñānaṁ brahma und nicht ananta-brahma ist. Ananta-brahma ist das Höchste Brahman, der Persönliche Gott.

VERS 14

सर्वतः पाणिपादं तत्सर्वतोऽक्षिशिरोमुखम् ।
सर्वतः श्रुतिमल्लोके सर्वमावृत्य तिष्ठति ॥१४॥

sarvataḥ pāṇi-pādaṁ tat
sarvato ’kṣi-śiro-mukham
sarvataḥ śrutimal loke
sarvam āvṛtya tiṣṭhati

sarvataḥ – überall; pāṇi – Hände; pādam – Beine; tat – das; sarvataḥ – überall; akṣi – Augen; śiraḥ – Kopf; mukham – Gesicht; sarvataḥ – überall; śrutimat – hörend; loke – in der Welt; sarvam – überall; āvṛtya – bedeckend; tiṣṭhati – existiert.

ÜBERSETZUNG

Seine Hände, Beine, Augen und Gesichter sind überall, und Er hört alles. Auf diese Weise existiert die Überseele.

ERKLÄRUNG

In ähnlicher Weise wie die Sonne, die ihre zahllosen Strahlen überallhin verbreitet, existiert auch die Überseele, der Höchste Persönliche Gott, und ist überall gegenwärtig. Er existiert in Seiner alldurchdringenden Form, und in Ihm existieren alle individuellen Lebewesen – angefangen mit dem ersten großen Lehrer, Brahmā, bis hinunter zur kleinen Ameise. Es gibt unbegrenzt viele Beine, Hände und Augen und unbegrenzt viele Lebewesen. Sie alle existieren in der Überseele; deshalb ist die Überseele alldurchdringend. Die individuelle Seele kann nicht von sich behaupten, sie habe ihre Hände, Beine und Augen überall. Das ist nicht möglich. Wenn die bedingte Seele glaubt, sie sei sich zwar nicht darüber bewußt, daß ihre Hände und Beine überall verbreitet seien, daß sie aber, obwohl sie in Unwissenheit sei, zu dieser Stufe kommen werde, wenn sie das richtige Wissen erlangt habe, so widerspricht sie sich in ihrem Denken. Dies würde nämlich bedeuten, daß die individuelle Seele, da sie von der materiellen Natur bedingt worden ist, nicht erhaben wäre. Der Höchste ist von der individuellen Seele verschieden. Der Höchste Herr kann Seine Hand unbegrenzt weit ausstrecken; die individuelle Seele kann dies jedoch nicht. In der Bhagavad-gītā sagt der Herr, daß Er von jedem Lebewesen ein Blatt, eine Blume, eine Frucht oder ein wenig Wasser annehmen werde. Hier mag sich nun die Frage stellen, wie der Herr diese Dinge akzeptieren kann, wenn Er so weit entfernt ist. Die Antwort lautet: Durch Seine Allmacht kann der Herr, obwohl Er Sich in Seinem Reich, weit entfernt von der Erde, aufhält, Seine Hand überallhin ausstrecken, um Opfergaben anzunehmen. Das ist Seine Macht. In der Brahma-saṁhitā wird gesagt:

goloka eva nivasati

„Obwohl Er auf Seinem transzendentalen Planeten immer in göttliche Spiele vertieft ist, ist Er alldurchdringend.“

Die individuelle Seele jedoch kann nicht behaupten, sie sei alldurchdringend. Daher beschreibt dieser Vers die Höchste Seele, den Persönlichen Gott – und nicht die individuelle Seele.

VERS 15

सर्वेन्द्रियगुणाभासं सर्वेन्द्रियविवर्जितम् ।
असक्तं सर्वभृच्चैव निर्गुणं गुणभोक्तृ च ॥१५॥

sarvendriya-guṇābhāsaṁ
sarvendriya-vivarjitam
asaktaṁ sarva-bhṛc caiva
nirguṇaṁ guṇa-bhoktṛ ca

sarve – alle; indriya – Sinne; guṇa – Erscheinungsweise; ābhāsam – ursprüngliche Quelle; sarva – alle; indriya – Sinne; vivarjitam – ohne zu sein; asaktam – ohne Anhaftung; sarva-bhṛt – Erhalter eines jeden; ca – auch; eva – gewiß; nirguṇam – ohne materielle Erscheinungsweisen; guṇa-bhoktṛ – gleichzeitig Herr über die guṇas; ca – auch.

ÜBERSETZUNG

Die Überseele ist der Ursprung aller Sinne, und dennoch ist Sie ohne Sinne. Der Herr ist unangehaftet, obwohl Er der Erhalter aller Lebewesen ist. Er ist transzendental zu den Erscheinungsweisen der materiellen Natur, doch zugleich ist Er der Herr über alle Erscheinungsweisen.

ERKLÄRUNG

Obwohl der Herr der Ursprung der Sinne aller Lebewesen ist, hat Er dennoch keine materiellen Sinne wie diese. In Wirklichkeit haben die individuellen Seelen spirituelle Sinne, doch im bedingten Leben sind diese von den materiellen Elementen bedeckt und daher durch Materie hindurch aktiv. Die Sinne des Höchsten Herrn jedoch sind nicht bedeckt. Seine Sinne sind transzendental und werden daher nirguṇa genannt. Mit guṇa sind die materiellen Erscheinungsweisen gemeint, doch Seine Sinne sind nicht von der Materie bedeckt. Man sollte verstehen, daß Seine Sinne nicht wie die unseren sind. Obwohl Er die Quelle aller Sinnesaktivitäten ist, verfügt Er über transzendentale Sinne, die nicht verunreinigt sind. Dies wird sehr schön in der Śvetāśvatara Upaniṣad erklärt (sarvataḥ pāṇi-pādam).

Der Höchste Persönliche Gott hat keine materiell verunreinigten Hände, sondern Hände, mit denen Er alle Opfer annimmt, die Ihm dargebracht werden. Das ist der Unterschied zwischen der bedingten Seele und der Überseele. Der Paramātmā hat zwar keine materiellen Augen, doch Er hat Augen – denn wie sonst könnte Er sehen. Er sieht alles in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Er lebt im Herzen des Lebewesens und weiß, was wir in der Vergangenheit getan haben, was wir jetzt tun und was uns in der Zukunft erwartet. Dies wird auch in der Bhagavad-gītā bestätigt: „Er weiß alles, doch niemand kennt Ihn.“ Es wird gesagt, daß der Höchste Herr keine Beine hat wie wir, doch Er kann durch den Weltraum reisen, weil Er spirituelle Beine hat. Mit anderen Worten, der Herr ist nicht unpersönlich; Er hat Augen, Beine, Hände und alle anderen Körperteile, und weil wir Teile des Höchsten Herrn sind, haben auch wir diese Organe. Doch Seine Hände, Beine, Augen und Sinne sind nicht von der materiellen Natur verunreinigt. Die Bhagavad-gītā bestätigt ebenfalls, daß der Herr durch Seine innere Energie in Seiner ursprünglichen transzendentalen Gestalt erscheint. Er wird von der materiellen Energie nicht verunreinigt, weil Er der Herr über die materielle Energie ist. In den vedischen Schriften wird gesagt, daß Seine gesamte Verkörperung spirituell ist. Er hat Seine ewige Gestalt, die sac-cid-ānanda-vigraha genannt wird, und Er birgt alle Füllen in Sich. Er ist der Besitzer allen Reichtums und der Eigentümer aller Energie. Er ist der Intelligenteste, und Er ist voller Wissen. Dies sind einige der Kennzeichen des Höchsten Persönlichen Gottes. Er ist der Erhalter aller Lebewesen und der Zeuge jeder Aktivität. Wie wir aus den vedischen Schriften verstehen können, ist der Höchste Herr immer transzendental. Er hat einen Kopf, ein Gesicht, Hände und Beine, obwohl wir dies nicht sehen können; erst wenn wir auf die transzendentale Stufe erhoben werden, können wir die Gestalt des Herrn sehen. Weil unsere Sinne von Materie verunreinigt sind, können wir Seine Gestalt nicht wahrnehmen. Deshalb können die Unpersönlichkeitsanhänger, die immer noch von der Materie beeinflußt werden, den Persönlichen Gott nicht verstehen.

VERS 16

बहिरन्तश्च भूतानामचरं चरमेव च ।
सूक्ष्मत्वात्तदविज्ञेयं दूरस्थं चान्तिके च तत् ॥१६॥

bahir antaś ca bhūtānām
acaraṁ caram eva ca
sūkṣmatvāt tad avijñeyaṁ
dūrasthaṁ cāntike ca tat

bahiḥ – außen; antaḥ – innen; ca – auch; bhūtānām – aller Lebewesen; acaram – sich nicht bewegend; caram – bewegend; eva – auch; ca – und; sūkṣmatvāt – aufgrund der Feinstofflichkeit; tat – das; avijñeyam – nicht erkennbar; dūrasthaṁ – weit entfernt; ca antike – auch nah; ca – und; tat – das.

ÜBERSETZUNG

Die Höchste Wahrheit existiert sowohl innerhalb als auch außerhalb – im sich Bewegenden und im sich nicht Bewegenden. Er befindet Sich jenseits der Reichweite der materiellen Sinne. Obwohl Er weit entfernt ist, ist Er doch allem sehr nah.´

ERKLÄRUNG

Aus den vedischen Schriften verstehen wir, daß Nārāyaṇa, die Höchste Person, sowohl innerhalb als auch außerhalb jedes Lebewesens weilt. Er ist sowohl in der spirituellen als auch in der materiellen Welt gegenwärtig. Obwohl Er sehr weit entfernt ist, ist Er uns dennoch sehr nah. Dies sind die Aussagen der vedischen Schriften. Āsīno dūraṁ vrajati śayāno yāti sarvataḥ. Und weil Er immer in transzendentale Glückseligkeit vertieft ist, können wir nicht verstehen, auf welche Weise Er all Seine Füllen genießt. Wir können dies nicht mit unseren materiellen Sinnen wahrnehmen oder verstehen. Daher wird in den vedischen Schriften gesagt, daß der materielle Geist und die materiellen Sinne nicht geeignet sind, Ihn zu verstehen. Wer jedoch seine Sinne und seinen Geist durch das Praktizieren von Kṛṣṇa-Bewußtsein im hingebungsvollen Dienen gereinigt hat, kann den Herrn fortwährend sehen. In der Brahma-saṁhitā wird bestätigt, daß der Gottgeweihte, der Liebe zum Höchsten Gott entwickelt hat, den Herrn ständig, ohne Unterbrechung, sehen kann. Und in der Bhagavad-gītā (11.54) wird erklärt, daß Er allein durch hingebungsvolles Dienen gesehen und verstanden werden kann. Bhaktyā tvananyayā śakyaḥ.

VERS 17

अविभक्तञ्च भूतेषु विभक्तमिव च स्थितम् ।
भूतभर्त्तृ च तज्ज्ञेयं ग्रसिष्णु प्रभविष्णु च ॥१७॥

avibhaktaṁ ca bhūteṣu
vibhaktam iva ca sthitam
bhūta-bhartṛ ca taj jñeyaṁ
grasiṣṇu prabhaviṣṇu ca

avibhaktam – ohne Unterteilung; ca – auch; bhūteṣu – in jedem Lebewesen; vibhaktam – eingeteilt; iva – als wenn; ca – auch; sthitam – befindlich; bhūta-bhartṛ – Erhalter aller Lebewesen; ca – auch; tat – das; jñeyam – zu verstehen; grasiṣṇu – verschlingt; prabhaviṣṇu – entwickelt; ca – auch.

ÜBERSETZUNG

Obwohl die Überseele in viele aufgeteilt zu sein scheint, ist Sie niemals geteilt. Er ist eins. Obwohl Er der Erhalter jedes Lebewesens ist, verschlingt und entwickelt Er sie alle.

ERKLÄRUNG

Der Herr weilt als Überseele im Herzen jedes Lebewesens. Dies bedeutet jedoch nicht, daß Er geteilt ist. In Wirklichkeit ist Er eins. In diesem Zusammenhang wird das Beispiel der Sonne gegeben: Die Sonne, die im Zenit steht, hat ihren festen Ort, und auch wenn Menschen Tausende von Kilometern voneinander entfernt wohnen, ist es dennoch die gleiche Sonne, die über ihren Köpfen steht. Die vedischen Schriften geben dieses Beispiel, um zu zeigen, daß die Überseele geteilt zu sein scheint, obwohl Sie ungeteilt ist. In den vedischen Schriften wird auch gesagt, daß ein Viṣṇu durch seine Allmacht überall gegenwärtig ist, wie auch die Sonne vielen Menschen an verschiedenen Orten zugleich erscheint. Und obwohl der Höchste Herr der Erhalter aller Lebewesen ist, wird zur Zeit der Vernichtung alles von Ihm verschlungen. Dies wurde im Elften Kapitel bestätigt, als der Herr sagte, Er sei gekommen, um alle Krieger zu verschlingen, die auf dem Schlachtfeld von Kurukṣetra versammelt seien. Er erwähnte ebenfalls, daß Er in der Form der Zeit alles verschlinge. Er ist der Vernichter, der Zerstörer alles Existierenden. Zur Zeit der Schöpfung entwickelt Er alle Lebewesen aus ihrem ursprünglichen Zustand, und zur Zeit der Vernichtung verschlingt Er sie. Die vedischen Hymnen bestätigen die Tatsache, daß Er der Ursprung und der Ruheort aller Lebewesen ist. Nach der Schöpfung ruht alles in Seiner Allmacht, und nach der Vernichtung kehrt alles wieder in Ihn zurück, um in Ihm zu ruhen. Dies wird von den vedischen Hymnen bestätigt. Yato vā imāni bhūtāni jāyante yena jātāni jīvanti yat prayanty abhisaṁviśanti tad brahma tad vijijñāsasva. (Taittirīya Upaniṣad, 3.1)

VERS 18

ज्योतिषामपि तज्जयोतिस्तमसः परमुच्यते ।
ज्ञानं ज्ञेयं ज्ञानगम्यं हृदि सर्वस्य धिष्ठितम् ॥१८॥

jyotiṣām api taj jyotis
tamasaḥ param ucyate
jñānaṁ jñeyaṁ jñāna-gamyaṁ
hṛdi sarvasya viṣṭhitam

jyotiṣām – in allen leuchtenden Objekten; api – auch; tat – das; jyotiḥ – Quelle des Lichts; tamasaḥ – der Dunkelheit; param – jenseits; ucyate – wird gesagt; jñānam – Wissen; jñeyam – zu erkennen; jñāna-gamyam – durch Wissen zu nähern; hṛdi – im Herzen; sarvasya – eines jeden; viṣṭhitam – befindlich.

ÜBERSETZUNG

Er ist der Ursprung des Lichts in allen leuchtenden Objekten. Er befindet Sich jenseits der Dunkelheit der Materie und ist unmanifestiert. Er ist Wissen, Er ist das Objekt des Wissens, und Er ist das Ziel des Wissens. Er weilt im Herzen jedes Lebewesens.

ERKLÄRUNG

Die Überseele, der Höchste Persönliche Gott, ist die Quelle des Lichts in allen leuchtenden Objekten, wie der Sonne, dem Mond, den Sternen usw. Aus den vedischen Schriften erfahren wir, daß im spirituellen Königreich Sonne und Mond nicht notwendig sind, weil dort alles von der Ausstrahlung des Höchsten Herrn erleuchtet wird. In der materiellen Welt jedoch ist das brahmajyoti (die spirituelle Ausstrahlung des Herrn) vom mahat-tattva (den materiellen Elementen) bedeckt. Um daher in der materiellen Welt Licht zu haben, benötigen wir die Hilfe von Sonne, Mond, Elektrizität usw. Doch in der spirituellen Welt sind solche Dinge nicht notwendig. In den vedischen Schriften wird eindeutig gesagt, daß alles von der gleißenden Ausstrahlung des Herrn erleuchtet wird. Es ist daher selbstverständlich, daß Sich Sein Aufenthaltsort nicht in der materiellen Welt befindet. Der Herr weilt in der spirituellen Welt, die weit entfernt im spirituellen Himmel liegt. Auch dies wird in den vedischen Schriften bestätigt:

āditya-varṇam tamasaḥ parastāt

„Er gleicht der Sonne, die ewiglich leuchtet, doch Er ist von der Dunkelheit der materiellen Welt sehr weit entfernt.“

Sein Wissen ist transzendental. Die vedischen Schriften bestätigen, daß das Brahman konzentriertes transzendentales Wissen ist. Wenn jemand in die spirituelle Welt erhoben werden möchte, gibt ihm der Höchste Herr, der in jedem Herzen weilt, das dazu notwendige Wissen. Einer der vedischen mantras lautet:

taṁ ha devam ātma-buddhi-prakāśaṁ
mumukṣur vai śaraṇam aham prapadye

„Man muß sich dem Höchsten Persönlichen Gott hingeben, wenn man wirklich befreit werden will.“

In den vedischen Schriften wird auch etwas über das Ziel des endgültigen Wissens gesagt:

tam eva viditvātimṛtyum eti

„Nur wenn man Dich kennt, kann man die Grenzen von Geburt und Tod überschreiten.“

Er weilt im Herzen eines jeden als der höchste Kontrollierende. Die Beine und Hände des Höchsten sind überall gegenwärtig, was man von denen der individuellen Seele nicht sagen kann. Daher muß man anerkennen, daß es zwei Kenner des Aktionsfeldes gibt – die individuelle Seele und die Überseele. Unsere Hände und Beine befinden sich an nur einem Ort, doch Kṛṣṇas Hände und Beine sind überall verbreitet. Dies wird in der Śvetāśvatara Upaniṣad bestätigt:

sarvasya prabhum īśānaṁ sarvasya śaraṇaṁ bṛhat

„Der Höchste Persönliche Gott, die Überseele, ist der prabhu (der Meister) aller Lebewesen, und deshalb ist Er ihr eigentliches Zentrum.“

Man kann also die Tatsache nicht leugnen, daß die Höchste Seele und die individuelle Seele immer voneinander verschieden sind.

VERS 19

इति क्षेत्रं तथा ज्ञानं ज्ञेयञ्चोक्तं समासतः ।
मद्भक्त एतद्विज्ञाय मद्भावायोपपद्यते ॥१९॥

iti kṣetraṁ tathā jñānaṁ
jñeyaṁ coktuṁ samāsataḥ
mad-bhakta etad vijñāya
mad-bhāvāyopapadyate

iti – so; kṣetram – das Aktionsfeld (der Körper); tathā – auch; jñānam – Wissen; jñeyam – erkennbar; ca – auch; uktam – beschrieben; samasātaḥ – in Kürze; mat-bhaktaḥ – Meine Geweihten; etat – all dies; vijñāya – nachdem sie verstanden haben; mat-bhāvāya – Meine Natur; upapadyate – erreicht.

ÜBERSETZUNG

Somit wurde von Mir in Kürze das Aktionsfeld [der Körper], Wissen und das Ziel des Wissens beschrieben. Nur Meine Geweihten können dies alles verstehen und so in Mein Reich gelangen.

ERKLÄRUNG

Der Herr hat in einer kurzen Zusammenfassung den Körper, Wissen und das Erkennbare beschrieben. Dieses Wissen umfaßt drei Dinge: den Kenner, das Erkennbare und den Vorgang der Erkenntnis. All dies zusammen wird vijñānam (die Wissenschaft von der Erkenntnis) genannt. Die reinen Geweihten des Herrn können dieses vollkommene Wissen direkt verstehen. Andere sind dazu nicht imstande. Die Monisten sagen, daß diese drei Dinge letztlich eins würden, doch die Gottgeweihten akzeptieren dies nicht. Wissen und die Entwicklung von Wissen bedeuten, daß man sein Selbst im Sinne des Kṛṣṇa-Bewußtseins versteht. Wir werden vom materiellen Bewußtsein gelenkt, doch sobald wir unser Bewußtsein auf die Aktivitäten Kṛṣṇas übertragen, und erkennen, daß Kṛṣṇa alles ist, erreichen wir die Stufe wahrhaften Wissens. Mit anderen Worten, Wissen ist nichts anderes als die Vorstufe zum vollkommenen Verständnis des hingebungsvollen Dienens.

VERS 20

प्रकृतिं पुरुषञ्चैव विद्ध्यनादी उभावपि ।
विकारांश्च गुणांश्चैव विद्धि प्रकृतिसम्भवान् ॥२०॥

prakṛtiṁ puruṣaṁ caiva
viddhyanādī ubhāv api
vikārāṁś ca guṇāṁś caiva
viddhi prakṛti-sambhavān

prakṛtim – materielle Natur; puruṣam – Lebewesen; ca – auch; eva – gewiß; viddhi – mußt wissen; anādī – ohne Anfang; ubhau – beide; api – auch; vikārān – Umformung; ca – auch; guṇān – drei Erscheinungsweisen der Natur; ca – auch; eva – gewiß; viddhi – Wissen; prakṛti – materielle Natur; sambhavān – erzeugt von.

ÜBERSETZUNG

Man sollte verstehen, daß die materiellen Manifestationen und die Lebewesen ohne Anfang sind. Ihre Wandlungen und Erscheinungsweisen sind Produkte der materiellen Natur.

ERKLÄRUNG

Durch dieses Wissen können der Körper, das Aktionsfeld und die Kenner des Körpers (sowohl die individuelle Seele als auch die Überseele) erkannt werden. Der Körper ist das Aktionsfeld: er setzt sich aus materiellen Elementen zusammen. Die individuelle Seele ist im Körper eingeschlossen. Der puruṣa (das Lebewesen) genießt die Aktivitäten des Körpers. Er ist der eine Kenner, während die Überseele der andere ist. Man muß verstehen, daß sowohl die Überseele als auch das individuelle Lebewesen verschiedene Manifestationen des Höchsten Persönlichen Gottes sind. Das Lebewesen gehört zu Seiner Energie, und die Überseele ist Seine persönliche Erweiterung.

Sowohl die materielle Natur als auch das Lebewesen sind ewig. Das bedeutet, daß sie bereits vor der Schöpfung existierten. Die materielle Manifestation ist genau wie die Lebewesen eine Energie des Höchsten Herrn, doch die Lebewesen sind von höherer Energie. Beide existierten, bevor der Kosmos manifestiert wurde. Die materielle Natur ruht im Höchsten Persönlichen Gott, Mahā-Viṣṇu, und wenn es notwendig ist, wird sie mit Hilfe des mahat-tattva manifestiert. In ähnlicher Weise weilen auch die Lebewesen in Ihm, doch weil sie bedingt sind, weigern sie sich, dem Höchsten Herrn zu dienen. Daher ist es ihnen nicht erlaubt, im spirituellen Himmel zu leben. Wenn die materielle Natur aufgelöst wird, wird diesen Lebewesen bei der nächsten Schöpfung erneut die Möglichkeit gegeben, in der materiellen Welt zu handeln und sich darauf vorzubereiten, in die spirituelle Welt zurückzukehren. Das ist das Geheimnis der materiellen Schöpfung. Ursprünglich ist das Lebewesen ein spirituelles Teilchen des Höchsten Herrn, doch aufgrund seiner rebellischen Haltung ist es durch die materielle Natur bedingt worden. Es ist tatsächlich nicht wichtig, wie die Lebewesen bzw. höheren Bestandteile des Höchsten Herrn mit der materiellen Natur in Berührung gekommen sind. Der Höchste Herr weiß jedoch, wie und warum dies geschah. In den Schriften sagt der Herr, daß diejenigen, die die materielle Natur genießen wollen, einen harten Kampf ums Dasein ausfechten müssen. Wir sollten aus diesem Vers verstehen, daß alle Wandlungen und Einflüsse der materiellen Welt, die durch die drei Erscheinungsweisen hervorgerufen werden, ebenfalls Produkte der materiellen Natur sind. Alle Wandlungen und Verschiedenheiten hinsichtlich der Lebewesen beziehen sich auf den Körper. Was die spirituelle Natur betrifft, so sind die Lebewesen alle gleich.

VERS 21

कार्यकारणकर्त्तृत्वे हेतुः प्रकृतिरुच्यते ।
पुरुषः सुखदुःखानां भोक्तृत्वे हेतुरुच्यते ॥२१॥

kārya-kāraṇa-kartṛtve
hetuḥ prakṛtir ucyate
puruṣaḥ sukha-duḥkhānāṁ
bhoktṛtve hetur ucyate

kārya – Wirkung; kāraṇa – Ursache; kartṛtve – in Bezug auf die Schöpfung; hetuḥ – Instrument; prakṛtiḥ – materielle Natur; ucyate – soll sein; puruṣaḥ – die Lebewesen; sukha – Glück; duḥkhānām – der Leiden; bhoktṛtve – im Genuß; hetuḥ – Instrument; ucyate – soll sein.

ÜBERSETZUNG

Die Natur ist die Ursache aller materiellen Aktivitäten und Wirkungen, wohingegen das Lebewesen die Ursache der verschiedenen Leiden und Genüsse in der Welt ist.

ERKLÄRUNG

Die verschiedenen Manifestationen der Körper und Sinne, die bei den Lebewesen zu finden sind, haben ihre Ursache in der materiellen Natur. Es gibt 8 400 000 verschiedene Arten des Lebens, und all diese Verschiedenheiten sind Schöpfungen der materiellen Natur. Sie entstehen aus den verschiedenen Sinnesfreuden des Lebewesens, das durch seinen Sinnesgenuß den Wunsch ausdrückt, in diesem oder jenem Körper zu leben. Wenn es in verschiedene Körper gesetzt wird, genießt es verschiedene Formen von Glück und Leid, Sein materielles Glück und Leid sind jedoch auf den Körper und nicht auf das Selbst zurückzuführen. Nur im ursprünglichen Dasein des Lebewesens gibt es wahren Genuß; das ist sein wirkliches Leben. Weil das Lebewesen das Verlangen hat, über die materielle Natur zu herrschen, befindet es sich in der materiellen Welt. In der spirituellen Welt gibt es eine solche Neigung nicht. Die spirituelle Welt ist rein, wohingegen in der materiellen Welt jeder hart kämpft, um Dinge zu erbeuten, die dem Körper verschiedene Freuden bringen sollen. Um es deutlicher auszudrücken: der Körper ist das Ergebnis von Sinnesbegierden, und die Sinne sind Instrumente, um solche Verlangen zu befriedigen. Dem Lebewesen werden also von der materiellen Natur Körper und Sinneswerkzeuge gegeben, und wie im nächsten Vers erklärt wird, wird das Lebewesen, je nach seinen vergangenen Wünschen und Aktivitäten, mit den entsprechenden Umständen gesegnet bzw. bestraft. Seinen Wünschen und Aktivitäten entsprechend wird man von der materiellen Natur in verschiedene Wohnstätten gesetzt. Das Lebewesen selbst ist die Ursache solcher Wohnstätten und der sie begleitenden Freuden und Leiden. Wenn es einmal in einen bestimmten Körper gesetzt worden ist, gerät es unter die Kontrolle der Natur; denn weil der Körper Materie ist, ist er den Gesetzen der Natur unterworfen. Das Lebewesen besitzt nicht die Macht, dieses Gesetz zu verändern. Wenn es zum Beispiel in den Körper eines Hundes gesetzt wird, muß es, sobald es sich in diesem Hundekörper befindet, wie ein Hund handeln. Es kann nicht in anderer Weise handeln. Und wenn das Lebewesen in den Körper eines Schweines gesetzt wird, ist es gezwungen, Kot zu fressen und wie ein Schwein zu leben. Auch wenn das Lebewesen in den Körper eines Halbgottes überwechselt, muß es in Entsprechung zu diesem Körper handeln. Das ist das Gesetz der Natur. Doch in all diesen Umständen begleitet die Überseele die individuelle Seele. Dies wird in den Veden wie folgt erklärt:

dvā suparṇā sayujā sakhāyā

„Der Höchste Herr ist so gütig, daß Er die individuelle Seele immer begleitet und in allen Umständen als Überseele bzw. Paramātmā gegenwärtig ist.“

VERS 22

पुरुषः प्रकृतिस्थो हि भुङ्क्ते प्रकृतिजान्गुणान् ।
कारणं गुणसङ्गोऽस्य सदसद्योनिजन्मसु ॥२२॥

puruṣaḥ prakṛti-stho hi
bhuṅkte prakṛti-jān guṇān
kāraṇaṁ guṇa-saṅgo ’sya
sad-asad-yoni-janmasu

puruṣaḥ – das Lebewesen; prakṛti-sthaḥ – sich in der materiellen Energie befindend; hi – gewiß; bhuṅkte – genießt; prakṛti-jān – von der materiellen Natur erzeugt; guṇān – Erscheinungsweisen der Natur; kāraṇam – Ursache; guṇa-saṅgaḥ – Zusammenarbeit mit den Erscheinungsweisen der Natur; asya – des Lebewesens; sat-asat – gut und schlecht; yoni – Arten des Lebens; janmasu – Geburt.

ÜBERSETZUNG

So folgt das Lebewesen in der materiellen Welt den Wegen des Lebens und genießt die drei Erscheinungsweisen der Natur. Dies hat seine Ursache in der Verbindung mit der materiellen Natur, und auf diese Weise trifft es mit den guten und schlechten Formen unter den verschiedenen Arten des Lebens zusammen.

ERKLÄRUNG

Dieser Vers ist sehr wichtig, um zu verstehen, auf welche Weise das Lebewesen von einem Körper zum anderen wandert. Im Zweiten Kapitel wird gesagt, daß das Lebewesen seine Körper ähnlich wie Kleider wechselt. Dieses Wechseln der Körper hat seine Ursache in der Anhaftung an die materielle Existenz. Solange das Lebewesen von der zeitweiligen materiellen Welt gefangen ist, muß es von einem Körper zum anderen wandern. Aufgrund seines Verlangens, über die materielle Natur zu herrschen, wird es in solche, nicht wünschenswerte Umstände versetzt. Unter dem Einfluß materieller Verlangen wird das Lebewesen manchmal als Halbgott geboren, ein anderes Mal als Mensch, dann wieder als Säugetier, als Vogel, als Wurm, als Wassertier, als Heiliger, als Wanze usw. Dies hat kein Ende. Und in allen Fällen hält sich das Lebewesen für den Herrn seiner Lebensumstände, obwohl es unter dem Einfluß der materiellen Natur steht.

Wie das Lebewesen in solch verschiedene Körper gesetzt wird, wird hier erklärt. Die Ursache liegt in der Verbindung mit den verschiedenen Erscheinungsweisen der materiellen Natur. Daher muß man sich über die drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur erheben und in seiner transzendentalen Identität verankert werden – das wird Kṛṣṇa-Bewußtsein genannt. Solange das Lebewesen nicht im Kṛṣṇa-Bewußtsein verankert ist, wird es durch sein materielles Bewußtsein gezwungen, von einem Körper zum anderen zu wandern; denn das Lebewesen hat schon seit unvordenklichen Zeiten materielle Verlangen. Diese Auffassung muß es ändern. Dieser Gesinnungswandel kann jedoch nur stattfinden, wenn man von autoritativen Quellen hört. Das beste Beispiel wird in der Bhagavad-gītā gegeben: Arjuna vernimmt von Kṛṣṇa die Wissenschaft von Gott. Wenn sich das Lebewesen diesem Vorgang des Hörens widmet, wird es seinen langgehegten Wunsch, über die materielle Natur zu herrschen, verlieren. Und allmählich und in dem Maße, wie es sein langes Verlangen, zu beherrschen, aufgibt, wird es die Ebene erreichen, auf der es spirituelles Glück genießt. In einem vedischen mantra wird gesagt: in dem Maße, wie man im Zusammensein mit dem Höchsten Persönlichen Gott zu Wissen gelangt, beginnt man, sein ewiges, glückseliges Leben zu genießen.

VERS 23

उपद्रष्टानुमन्ता च भर्त्ता भोक्ता महेश्वरः ।
परमात्मेति चाप्युक्तो देहेऽस्मिन्पुरुषः परः ॥२३॥

upadraṣṭānumantā ca
bhartā bhoktā maheśvaraḥ
paramātmeti cāpy ukto
dehe ’smin puruṣaḥ paraḥ

upadraṣṭā – Aufseher; anumantā – Erlaubnisgeber; ca – auch; bhartā – Meister; bhoktā – höchster Genießer; maheśvaraḥ – der Höchste Herr paramātmā – Überseele; iti – auch; ca – und; api uktaḥ – wird gesagt; dehe – in diesem Körper; asmin – dies; puruṣaḥ – Genießer; paraḥ – transzendental.

ÜBERSETZUNG

Jedoch gibt es im Körper noch einen anderen, einen transzendentalen Genießer. Es ist der Herr, der höchste Besitzer, der als Beobachter und Erlaubnisgeber gegenwärtig und als Überseele bekannt ist.

ERKLÄRUNG

Hier wird gesagt, daß die Überseele, die die individuelle Seele ständig begleitet, die Repräsentation des Höchsten Herrn ist. Die Überseele ist kein gewöhnliches Lebewesen. Weil die Monisten der Ansicht sind, es gebe nur einen Kenner des Körpers, glauben sie, zwischen der Überseele und der individuellen Seele bestehe kein Unterschied. Um diesen Irrtum aufzuklären, sagt der Herr, daß Er die Paramātmā-Repräsentation in jedem Körper sei. Er ist von der individuellen Seele verschieden. Er ist paraḥ (transzendental). Die individuelle Seele genießt die Aktivitäten eines bestimmten Feldes, doch weder ist die Überseele als begrenzter Genießer anwesend noch nimmt Sie an den körperlichen Aktivitäten teil; Er ist der Zeuge, Beobachter, Erlaubnisgeber und höchste Genießende. Sein Name ist Paramātmā und nicht ātmā – und Er ist transzendental. Es ist offensichtlich, daß ātmā und Paramātmā voneinander verschieden sind. Die Überseele, der Paramātmā, verfügt über Beine und Hände, die sich überall befinden, die individuelle Seele hingegen nicht. Und da Er der Höchste Herr ist, ist Er im Innern der verkörperten Seele gegenwärtig, um ihre Wünsche nach materiellem Sinnesgenuß zu bewilligen. Ohne die Einwilligung der Höchsten Seele kann die individuelle Seele nicht handeln. Das Individuum ist bhakta (derjenige, der erhalten wird), und der Herr ist bhukta (der Erhalter). Es gibt unzählige Lebewesen, und Er weilt in ihnen allen als Freund.

Die individuellen Lebewesen sind ewiglich winzige Bestandteile des Höchsten Herrn und sind mit Ihm sehr eng in Freundschaft verbunden. Doch das Lebewesen neigt dazu, die Einwilligung des Höchsten Herrn zurückzuweisen und zu versuchen, unabhängig zu handeln, um die materielle Natur zu beherrschen. Weil es diese Neigung hat, wird es die am Rande verlaufende Energie des Höchsten genannt. Das Lebewesen kann sich sowohl in der materiellen als auch in der spirituellen Energie befinden. Solange es durch die materielle Energie bedingt ist, bleibt der Höchste Herr als sein Freund, die Überseele, mit ihm zusammen, um das Lebewesen dazu zu bringen, zur spirituellen Energie zurückzukehren. Der Herr ist immer bemüht, es zur spirituellen Energie zurückzuführen, doch aufgrund seiner winzigen Unabhängigkeit lehnt das individuelle Lebewesen diese Verbindung mit der spirituellen Natur fortwährend ab. Dieser Mißbrauch seiner Unabhängigkeit ist die Ursache für seinen Kampf in der materiellen Natur. Daher gibt der Herr immer von innen und von außen her Unterweisungen. Von außen gibt Er Anweisungen, wie sie zum Beispiel in der Bhagavad-gītā zu finden sind, und von innen her versucht Er, das Lebewesen davon zu überzeugen, daß Aktivitäten im materiellen Feld niemals zu wahrem Glück führen. Er sagt: „Gib solche Aktivitäten einfach auf, und wende dein Vertrauen Mir zu; dann wirst du glücklich sein.“ Auf diese Weise macht ein intelligenter Mensch, der sein Vertrauen in den Paramātmā bzw. den Höchsten Persönlichen Gott setzt, den ersten Schritt auf dem Weg zu einem glückseligen, ewigen Leben voller Wissen.

VERS 24

य एवं वेत्ति पुरुषं प्रकृतिञ्च गुणैः सह ।
सर्वथा वर्त्तमानोऽपि न स भूयोऽभिजायते ॥२४॥

ya evaṁ vetti puruṣaṁ
prakṛtiṁ ca guṇaiḥ saha
sarvathā vartamāno ’pi
na sa bhūyo ’bhijāyate

yaḥ – jeder; evam – so; vetti – versteht; puruṣam – die Lebewesen; prakṛtim – materielle Natur; ca – und; guṇaiḥ – Erscheinungsweisen der materiellen Natur; saha – mit; sarvathā – mit allen Mitteln; vartamānaḥ – befindlich; api – trotz; na – niemals; saḥ – er; bhūyaḥ – wieder; abhijāyate – wird geboren.

ÜBERSETZUNG

Wer die Philosophie von der materiellen Natur, den Lebewesen und der Wechselwirkung der Erscheinungsweisen der materiellen Natur versteht, wird mit Sicherheit Befreiung erlangen. Er wird in dieser Welt nicht wiedergeboren werden – ganz gleich in welcher Position er sich jetzt auch befinden mag.

ERKLÄRUNG

Wenn man die materielle Natur, die Überseele, die individuelle Seele und ihre Wechselbeziehungen versteht, kann man befreit werden und die spirituelle Atmosphäre erreichen, von der man nicht wieder in die materielle Welt zurückkehren muß.

Dies ist das Ergebnis von Wissen. Das Ziel des Wissens besteht in der Erkenntnis, daß das Lebewesen zufällig in die materielle Existenz gefallen ist. Man muß sich in der Gemeinschaft von Autoritäten, Heiligen und einem geistigen Meister bemühen, seine Position zu verstehen, und daraufhin sein spirituelles Bewußtsein, Kṛṣṇa-Bewußtsein, wiedererwecken, indem man die Bhagavad-gītā so versteht, wie sie vom Persönlichen Gott erklärt wird. Dann ist es sicher, daß man niemals wieder ins materielle Dasein zurückkehren wird. Man wird in die spirituelle Welt erhoben, wo das Leben ewig, glückselig und voller Wissen ist.

VERS 25

ध्यानेनात्मनि पश्यन्ति केचिदात्मानमात्मना ।
अन्ये साङ्ख्येन योगेन कर्मयोगेन चापरे ॥२५॥

dhyānenātmani paśyanti
kecid ātmānam ātmanā
anye sāṅkhyena yogena
karma-yogena cāpare

dhyānena – durch Meditation; ātmani – Selbst; paśyanti – sehen; kecit – ein; ātmānam – Überseele; ātmanā – durch den Geist; anye – andere; sāṅkhyena – durch philosophische Diskussion; yogena – durch das yoga-System; karma-yogena – durch Aktivitäten ohne fruchtbringendes Verlangen; ca – auch; apare – andere.

ÜBERSETZUNG

Einige erkennen die Überseele durch Meditation, andere durch die Entwicklung von Wissen und wieder andere durch Arbeit, die ohne fruchtbringendes Verlangen verrichtet wird.

ERKLÄRUNG

Der Herr gibt Arjuna zu verstehen, daß die bedingten Seelen, hinsichtlich ihrer Suche nach Selbstverwirklichung, in zwei Gruppen eingeteilt werden können. Atheisten, Agnostiker und Skeptiker haben kein Verständnis für spirituelles Wissen. Doch es gibt andere, die Vertrauen in ihr Verständnis vom spirituellen Leben haben; es sind die, die auf die Früchte ihrer Arbeit verzichtet haben. Auch diejenigen, die die Lehre des Monismus vertreten, werden zu den Atheisten und Agnostikern gezählt. Mit anderen Worten, nur die Geweihten des Höchsten Persönlichen Gottes sind zu wahrer spiritueller Erkenntnis fähig, da sie verstehen, daß jenseits der materiellen Natur die spirituelle Welt und der Höchste Persönliche Gott existieren, der Sich als Paramātmā, die Überseele, der alldurchdringende Gott, erweitert hat und in allen Lebewesen gegenwärtig ist. Selbstverständlich gibt es auch Menschen, die versuchen, die Höchste Absolute Wahrheit durch die Entwicklung von Wissen zu verstehen; sie werden zur zweiten Gruppe gezählt. Die atheistischen Philosophen zerlegen die materielle Welt in vierundzwanzig Elemente und setzen die Seele als fünfundzwanzigstes hinzu. Wenn sie verstehen können, daß die Natur der individuellen Seele transzendental zu den materiellen Elementen ist, können sie auch verstehen, daß sich über der individuellen Seele der Höchste Persönliche Gott befindet. Er ist das sechsundzwanzigste Element. Auf diese Weise kommen auch sie allmählich zur Stufe des hingebungsvollen Dienens im Kṛṣṇa-Bewußtsein. Auch diejenigen, die arbeiten, ohne nach fruchtbringenden Ergebnissen zu verlangen, sind in ihrer Haltung vollkommen. Ihnen wird die Möglichkeit gegeben, auf die Ebene des hingebungsvollen Dienens im Kṛṣṇa-Bewußtsein zu gelangen. Auch wird in diesem Vers gesagt, daß es einige Menschen gibt, die in ihrem Bewußtsein rein sind und versuchen, die Überseele durch Meditation zu finden. Wenn sie die Überseele in ihrem Innern erkennen, werden auch sie in der Transzendenz verankert. Andere versuchen, den Höchsten Persönlichen Gott durch die Entwicklung von Wissen zu verstehen, und wieder andere üben sich im haṭha-yoga-System und versuchen, den Höchsten Herrn durch kindische Spielereien zu erfreuen.

VERS 26

अन्ये त्वेवमजानन्तः श्रुत्वान्येभ्य उपासते ।
तेऽपि चातितरन्त्येव मृत्युं श्रुतिपरायणाः ॥२६॥

anye tv evam ajānantaḥ
śrutvānyebhya upāsate
te’pi cātitaranty eva
mṛtyuṁ śruti-parāyaṇāḥ

anye – andere; tu – aber; evam – dies; ajānantaḥ – ohne spirituelles Wissen; śrutvā – durch Hören; anyebhyaḥ – von anderen; upāsate – beginnen zu verehren; te – sie; api – auch; ca – und; atitaranti – überschreiten; eva – gewiß; mṛtyum – der Pfad des Todes; śruti-parāyaṇāḥ – dem Vorgang des Hörens zugeneigt.

ÜBERSETZUNG

Und es gibt andere, die zwar im spirituellen Wissen nicht erfahren sind, die aber beginnen, die Höchste Person zu verehren, nachdem sie von anderen von Ihm gehört haben. Weil sie die Neigung haben, von Autoritäten zu hören, transzendieren auch sie den Pfad von Geburt und Tod.

ERKLÄRUNG

Dieser Vers trifft besonders auf die moderne Gesellschaft zu, denn heutzutage gibt es so gut wie keine spirituelle Erziehung. Manche Menschen mögen zwar nach außen hin als Atheisten, Agnostiker oder Philosophen erscheinen, doch in Wirklichkeit besitzen sie kein echtes Wissen von Philosophie. Ein einfacher Mensch kann, wenn er eine gute Seele ist, schon durch Hören Fortschritt machen. Dieser Vorgang des Hörens ist sehr wichtig. Śrī Kṛṣṇa Caitanya, der das Kṛṣṇa-Bewußtsein in der modernen Welt verkündete, betonte ganz besonders den Vorgang des Hörens; denn schon indem der gewöhnliche Mensch von autoritativen Quellen hört, kann er Fortschritt machen; dies ist ganz besonders der Fall, wie Śrī Kṛṣṇa Caitanya sagt, wenn er die transzendentale Klangschwingung von Hare Kṛṣṇa, Hare Kṛṣṇa, Kṛṣṇa Kṛṣṇa, Hare Hare / Hare Rāma, Hare Rāma, Rāma Rāma, Hare Hare hört. Es wird daher gesagt, daß alle Menschen den Vorteil nutzen sollten, von selbstverwirklichten Seelen zu hören, so daß sie fähig werden, alles zu verstehen. Dann werden sie zweifellos beginnen, den Höchsten Herrn zu verehren. Śrī Caitanya hat gesagt, daß im gegenwärtigen Zeitalter niemand seine Position zu verändern brauche, daß man aber die Bemühung aufgeben solle, die Absolute Wahrheit durch spekulative Vernunft zu verstehen. Man solle versuchen, der Diener derer zu werden, die im Wissen vom Höchsten Herrn gründen. Wenn man in der glücklichen Lage ist, bei einem reinen Gottgeweihten Zuflucht zu suchen, von ihm über Selbstverwirklichung hört und seinem Beispiel folgt, wird man allmählich auf die Ebene eines reinen Gottgeweihten erhoben. In diesem Vers wird ganz besonders der Vorgang des Hörens empfohlen, der sehr wichtig ist.

Auch wenn der gewöhnliche Mensch oft nicht so große Fähigkeiten hat wie die sogenannten Philosophen, hilft ihm dennoch das vertrauensvolle Hören von einer wirklichen Autorität, die materielle Existenz zu transzendieren und zurück zu Gott zu gehen, zurück nach Hause.

VERS 27

यावत्संजायते किञ्चित्सत्त्वं स्थावरजङ्गमम् ।
क्षेत्रक्षेत्रज्ञसंयोगात्तद्विद्धि भरतर्षभ ॥२७॥

yāvat saṁjāyate kiñcit
sattvaṁ sthāvara-jaṅgamam
kṣetra-kṣetrajña-saṁyogāt
tad viddhi bharatarṣabha

yāvat – was immer; saṁjāyate – stattfindet; kiñcit – irgend etwas; sattvam – Existenz; sthāvara – sich nicht bewegend; jaṅgamam – bewegend; kṣetra – der Körper; kṣetrajña – Kenner des Körpers; saṁyogāt – Verbindung zwischen; tat viddhi – du mußt es wissen; bharatarṣabha – O Oberhaupt der Bhāratas.

ÜBERSETZUNG

O Oberhaupt der Bhāratas, alles, was du existieren siehst, ganz gleich, ob es sich bewegt oder nicht bewegt, ist nichts anderes als die Verbindung des Aktionsfeldes mit dem Kenner des Feldes.

ERKLÄRUNG

In diesem Vers wird die Beziehung zwischen der materiellen Natur und dem Lebewesen erklärt, die beide bereits vor der Schöpfung des Kosmos existierten. Alles, was erschaffen ist, ist nichts anderes als die Verbindung des Lebewesens mit der materiellen Natur. Es gibt viele Manifestationen, wie zum Beispiel Bäume, Berge und Hügel, die sich nicht bewegen, und es gibt viele Formen des Daseins, die sich bewegen; sie alle sind jedoch nichts weiter als Verbindungen der materiellen Natur mit der höheren Natur, dem Lebewesen. Ohne die Berührung mit der höheren Natur, dem Lebewesen, kann nichts wachsen. Deshalb besteht die Beziehung zwischen der höheren und der niederen Natur ewiglich, und diese Kombination wird vom Höchsten Herrn verursacht. Deshalb ist Er es, der sowohl die höhere als auch die niedere Natur kontrolliert. Nachdem die materielle Natur von Ihm geschaffen worden ist, setzt Er die höhere Natur in die materielle Natur und läßt auf diese Weise alle Aktivitäten beginnen und die Manifestationen ihre Form annehmen.

VERS 28

समं सर्वेषु भूतेषु तिष्ठन्तं परमेश्वरम् ।
विनश्यत्स्वविनश्यन्तं यः पश्यति स पश्यति ॥२८॥

samaṁ sarveṣu bhūteṣu
tiṣṭhantaṁ parameśvaram
vinaśyatsv avinaśyantaṁ
yaḥ paśyati sa paśyati

samam – gleich; sarveṣu – in allen; bhūteṣu – Lebewesen; tiṣṭhantam – wohnend; parameśvaram – die Überseele; vinaśyatsu – in dem Zerstörbaren; avinaśyantam – nicht zerstört; yaḥ – jeder; paśyati – sieht; saḥ – er; paśyati – sieht wirklich.

ÜBERSETZUNG

Wer sieht, daß die Überseele die individuelle Seele in allen Körpern begleitet, und versteht, daß weder die Seele noch die Überseele jemals zerstört werden, besitzt wahre Erkenntnis.

ERKLÄRUNG

Wer den Körper, den Besitzer des Körpers bzw. die individuelle Seele und den Freund der individuellen Seele, die in einer bestimmten Beziehung zueinander stehen, verstehen kann, gründet in wahrem Wissen. Diejenigen, die den Freund der Seele nicht erkennen, befinden sich in Unwissenheit; sie sehen lediglich den Körper und denken, alles sei zu Ende, wenn der Körper zerstört werde. Doch dies ist in Wirklichkeit nicht der Fall. Nach der Zerstörung des Körpers vergehen die Seele und die Überseele nicht, sondern existieren auch weiterhin in verschiedenen sich bewegenden und sich nicht bewegenden Formen. Das Sanskritwort parameśvaram wird manchmal mit „individuelle Seele“ übersetzt, denn die Seele ist der Herr des Körpers, und nach der Zerstörung des Körpers wandert sie in eine andere Form. So gesehen ist sie tatsächlich der Herr. Doch andere übersetzen dieses parameśvaram mit „Überseele“; in beiden Fällen jedoch existieren die Seele und die Überseele weiter. Sie werden nicht zerstört. Wer dies erkennt, kann tatsächlich verstehen, was geschieht.

VERS 29

समं पश्यन्हि सर्वत्र समवस्थितमीश्वरम् ।
न हिनस्त्यात्मनात्मानं ततो याति परां गतिम् ॥२९॥

samaṁ paśyan hi sarvatra
samavasthitam īśvaram
na hinasty ātmanātmānaṁ
tato yāti parāṁ gatiṁ

samam – gleich; paśyan – sehend; hi – gewiß; sarvatra – überall; samavasthitam – zugleich befindlich; īśvaram – Überseele; na – nicht; hinasti – degradieren; ātmanā – durch den Geist; ātmānam – die Seele; tataḥ yāti – erreicht dann; parām – das transzendentale; gatim – Ziel.

ÜBERSETZUNG

Wer die Überseele in jedem Wesen und zugleich überall sieht, setzt sich durch seinen Geist nicht herab, sondern nähert sich dem transzendentalen Ziel.

ERKLÄRUNG

Wenn das Lebewesen erkennt, daß sein materielles Dasein lediglich Leid bedeutet, kann es in seiner spirituellen Existenz verankert werden. Wenn jemand versteht, daß der Höchste in Seiner Paramātmā-Manifestation überall gegenwärtig ist, das heißt, wenn jemand die Gegenwart des Höchsten Persönlichen Gottes in jedem Lebewesen sieht, erniedrigt er sich nicht, sondern macht allmählichen Fortschritt auf die spirituelle Welt zu. Für gewöhnlich ist der Geist selbstzentrierten Denkvorgängen verfallen, doch wenn er sich der Überseele zuwendet, macht man Fortschritte im spirituellen Verstehen.

VERS 30

प्रकृत्यैव च कर्माणि क्रियमाणानि सर्वशः ।
यः पश्यति तथात्मानमकर्त्तारं स पश्यति ॥३०॥

prakṛtyaiva ca karmāṇi
kriyamāṇāni sarvaśaḥ
yaḥ paśyati tathātmānam
akatāraṁ sa paśyati

prakṛtyā – materielle Natur; eva – gewiß; ca – auch; karmāṇi – Aktivitäten; kriyamāṇāni – beschäftigt auszuführen; sarvaśaḥ – in jeder Hinsicht; yaḥ – jeder der; paśyati – sieht; tathā – auch; ātmānam – sich selbst; akartāram – Nicht-Handelnder; saḥ – er; paśyati – sieht vollkommen.

ÜBERSETZUNG

Wer verstehen kann, daß alle Aktivitäten vom Körper ausgeführt werden, der von der materiellen Natur geschaffen ist, und weiß, daß das Selbst nichts tut, besitzt wahre Erkenntnis.

ERKLÄRUNG

Der Körper ist von der materiellen Natur unter der Anweisung der Überseele geschaffen worden, und alle Aktivitäten, die in Beziehung zum Körper ausgeführt werden, geschehen ohne das Zutun des Lebewesens. Zu allem, was man tut – sei es, um Glück zu erlangen oder zu leiden –, wird man aufgrund seiner körperlichen Veranlagung gezwungen. Das Selbst jedoch wird von all diesen körperlichen Aktivitäten nicht beeinflußt. Man erhält einen Körper in Entsprechung zu seinen vergangenen Verlangen. Um bestimmte Verlangen zu befriedigen, wird dem Lebewesen ein bestimmter Körper gegeben, mit dem es daraufhin seinen Wünschen entsprechend handeln kann. Im Grunde ist der Körper nichts weiter als eine Maschine, die vom Höchsten Herrn entworfen wurde, um Verlangen zu erfüllen. Aufgrund von Verlangen wird man in schwierige Umstände versetzt, um zu leiden oder zu genießen. Dieses transzendentale Verständnis vom Lebewesen löst einen Menschen von körperlichen Aktivitäten. Wer in dieser Weise sieht, ist der eigentliche Seher.

VERS 31

यदा भूतपृथग्भावमेकस्थमनुपश्यति ।
तत एव च विस्तारं ब्रह्म संपद्यते तदा ॥३१॥

yadā bhūta-pṛthag-bhāvam
eka-stham anupaśyati
tata eva ca vistāraṁ
brahma sampadyate tadā

yadā – wenn; bhūta – Lebewesen; pṛthak-bhāvam – getrennte Wesen; eka-stham – in einem befindlich; anupaśyati – versucht, die Autorität zu sehen; tataḥ eva – danach; ca – auch; vistāram – ausgeweitet; brahma – das Absolute; sampadyate – erreicht; tadā – zu dieser Zeit.

ÜBERSETZUNG

Wenn ein verständiger Mensch aufhört, aufgrund verschiedener materieller Körper verschiedene Identitäten zu sehen, erlangt er die Brahman-Erkenntnis. Dann sieht er, daß Lebewesen überall verbreitet sind.

ERKLÄRUNG

Wenn man erkennen kann, daß die verschiedenen Körper der Lebewesen aus den verschiedenen Verlangen der individuellen Seele entstehen und in Wirklichkeit nicht zur individuellen Seele gehören, sieht man die Dinge, wie sie wirklich sind. In der materiellen Auffassung des Lebens halten wir jemanden zum Beispiel für einen Halbgott, einen Menschen, einen Hund oder eine Katze; doch diese Sicht ist materiell, und nicht spirituell. Diese materielle Sicht, mit der man Unterschiede sieht, hat ihre Ursache in einer materiellen Auffassung des Lebens. Nach der Zerstörung des materiellen Körpers besteht die Seele weiter. Weil die Seele mit der materiellen Natur in Berührung ist, erhält sie verschiedene Arten von Körpern. Wenn jemand dies sehen kann, erlangt er die spirituelle Sicht; wenn er keine Unterschiede mehr sieht wie Mensch, Tier, groß, klein usw., ist sein Bewußtsein rein, und er ist fähig, in seiner spirituellen Identität Kṛṣṇa-Bewußtsein zu entwickeln. Wie er daraufhin die Dinge sieht, wird im nächsten Vers erklärt.

VERS 32

अनादित्वान्निर्गुणत्वात्परमात्मायमव्ययः ।
शरीरस्थोऽपि कौन्तेय न करोति न लिप्यते ॥३२॥

anāditvān nirguṇatvāt
paramātmāyam avyayaḥ
śarīra-stho ’pi kaunteya
na karoti na lipyate

anāditvāt – aufgrund der Ewigkeit; nirguṇatvāt – da sie transzendental ist; param – jenseits der materiellen Natur; ātmā – spiritueller Geist; ayam – dies; avyayaḥ – unerschöpflich; śarīra-sthaḥ api – obwohl im Körper wohnend; kaunteya – O Sohn Kuntīs; na karoti – tut niemals etwas; na lipyate – auch ist sie nicht verstrickt.

ÜBERSETZUNG

Wer mit den Augen der Ewigkeit sieht, kann sehen, daß die Seele transzendental und ewig ist und sich jenseits der Erscheinungsweisen der Natur befindet. O Arjuna, obwohl sie mit dem materiellen Körper in Berührung ist, handelt die Seele nicht, noch ist sie verstrickt.

ERKLÄRUNG

Ein Lebewesen scheint aufgrund der Geburt des materiellen Körpers geboren zu sein, doch in Wirklichkeit ist das Lebewesen ewig. Es wird nicht geboren, und obwohl es sich in einem zeitweiligen, materiellen Körper befindet, ist es transzendental und unvergänglich. Somit kann es nicht zerstört werden. Es ist von Natur aus voller Glückseligkeit. Es beschäftigt sich niemals mit irgendwelchen materiellen Aktivitäten und wird daher auch nicht in die Aktivitäten verstrickt, die aufgrund seiner Verbindung mit dem materiellen Körper ausgeführt werden.

VERS 33

यथा सर्वगतं सौक्ष्म्यादाकाशं नोपलिप्यते ।
शर्वत्रावस्थितो देहे तथात्मा नोपलिप्यते ॥३३॥

yathā sarva-gataṁ saukṣmyād
ākāśaṁ nopalipyate
sarvatrāvasthito dehe
tathātmā nopalipyate

yathā – wie; sarva-gatam – alldurchdringend; saukṣmyāt – weil er feinstofflich ist; ākāśam – der Himmel; na – niemals; upalipyate – vermischt; sarvatra – überall; avasthitaḥ – befindlich; dehe – im Körper; tathā – solch; ātmā – das Selbst; na – niemals; upalipyate – vermischt sich.

ÜBERSETZUNG

Obwohl der Himmel alldurchdringend ist, vermischt er sich aufgrund seiner feinstofflichen Natur mit keinem anderen Element. In ähnlicher Weise vermischt sich auch die Seele, die im Brahman verankert ist, nicht mit dem Körper, obwohl sie sich im Körper befindet.

ERKLÄRUNG

Luft ist im Wasser, im Schlamm, im Kot und in allem enthalten, was es sonst noch geben mag, und dennoch vermischt sie sich mit keinem dieser Dinge. In ähnlicher Weise wird das Lebewesen, auch wenn es sich in verschiedenen Körpern befindet, aufgrund seiner feinen Natur von diesen nicht berührt. Deshalb ist es nicht möglich, mit materiellen Augen zu sehen, wie das Lebewesen mit dem Körper in Verbindung ist und nach der Zerstörung des Körpers nicht mehr in ihm ist. Dies ist keinem Wissenschaftler möglich.

VERS 34

यथा प्रकाशयत्येकः कृत्स्नं लोकमिमं रविः ।
क्षेत्रं क्षेत्री तथा कृत्स्नं प्रकाशयति भारत ॥३४॥

yathā prakāśayaty ekaḥ
kṛtsnaṁ lokam imaṁ raviḥ
kṣetraṁ kṣetrī tathā kṛtsnaṁ
prakāśayati bhārata

yathā – wie; prakāśayati – erleuchtet; ekaḥ – ein; kṛtsnam – das Ganze; lokam – Universum; imam – dies; raviḥ – die Sonne; kṣetram – dieser Körper; kṣetrī – die Seele; tathā – in ähnlicher Weise; kṛtsnam – alle; prakāśayati – erleuchtet; bhārata – O Nachkomme Bharatas.

ÜBERSETZUNG

O Nachkomme Bharatas, wie die Sonne mit ihren Strahlen das gesamte Universum erleuchtet, so erleuchtet das Lebewesen den gesamten Körper mit Bewußtsein.

ERKLÄRUNG

Über das Bewußtsein gibt es verschiedene Theorien. Hier in der Bhagavad-gītā wird das Beispiel der Sonne und ihrer Strahlen gegeben. Wie die Sonne, die sich an einem festen Ort befindet, mit ihren Strahlen das gesamte Universum erleuchtet, so erleuchtet auch solch ein kleines Teilchen wie die Seele, obwohl es sich im Herzen des Körpers befindet, den gesamten Körper mit Bewußtsein. Somit ist Bewußtsein der Beweis für das Vorhandensein der Seele, ähnlich wie Sonnenschein oder Licht der Beweis für die Gegenwart der Sonne ist. Wenn die Seele im Körper gegenwärtig ist, ist Bewußtsein über den gesamten Körper verbreitet, doch sobald die Seele den Körper verlassen hat, existiert auch kein Bewußtsein mehr. Jeder intelligente Mensch kann dies ohne weiteres verstehen. Daher ist Bewußtsein nicht das Produkt einer Verbindung materieller Elemente. Es ist das Symptom des Lebewesens. Obwohl das Bewußtsein des Lebewesens der Qualität nach mit dem höchsten Bewußtsein eins ist, ist es dennoch nicht erhaben; denn das Bewußtsein eines Körpers kann nicht am Bewußtsein eines anderen Körpers teilhaben. Die Überseele jedoch, die in allen Körpern als Freund der individuellen Seele weilt, ist Sich aller Körper bewußt. Dies ist der Unterschied zwischen dem höchsten Bewußtsein und dem individuellen Bewußtsein.

VERS 35

क्षेत्रक्षेत्रज्ञयोरेवमन्तरं ज्ञानचक्षुषा ।
भूतप्रकृतिमोक्षञ्च ये विदुर्यान्ति ते परम् ॥३५॥

kṣetra-kṣetrajñayor evam
antaraṁ jñāna-cakṣuṣā
bhūta-prakṛti-mokṣaṁ ca
ye vidur yānti te param

kṣetra – Körper; kṣetrajñayoḥ – des Besitzers des Körpers; evam – das; antaram – Unterschied; jñāna-cakṣuṣā – durch Sicht der Erkenntnis; bhūta – Lebewesen; prakṛti – materielle Natur; mokṣam – Befreiung; ca – auch; ye – jemand der; viduḥ – weiß; yānti – nähert sich; te – sie; param – dem Höchsten.

ÜBERSETZUNG

Wer bewußt den Unterschied zwischen dem Körper und dem Besitzer des Körpers sieht und den Vorgang der Befreiung von der Fessel der materiellen Natur verstehen kann, erreicht ebenfalls das höchste Ziel.

ERKLÄRUNG

Dieses Dreizehnte Kapitel soll den Unterschied zwischen dem Körper, dem Besitzer des Körpers und der Überseele erklären. Ein gläubiger Mensch sollte als erstes die Gemeinschaft von Gottgeweihten aufsuchen, um über Gott zu hören, und auf diese Weise allmählich erleuchtet werden. Wenn jemand einen geistigen Meister akzeptiert, kann er lernen, zwischen Materie und spiritueller Natur zu unterscheiden, und dies ist das Sprungbrett zu weiterer spiritueller Verwirklichung. Ein geistiger Meister lehrt seine Schüler durch verschiedene Anweisungen, wie sie von der materiellen Auffassung des Lebens frei werden können. In der Bhagavad-gītā zum Beispiel unterweist Kṛṣṇa Arjuna, um ihn von materialistischen Überlegungen zu befreien.

Man kann verstehen, daß der Körper Materie ist und aus vierundzwanzig Elementen besteht. Das ist die grobstoffliche Manifestation. Die Symptome des Lebens sind die Wechselwirkung dieser Erscheinungen. Darüber hinaus gibt es die Seele und die Überseele, die voneinander verschieden sind. Die materielle Welt ist durch die Verbindung der Seele mit den vierundzwanzig materiellen Elementen in Aktion, und wer den Aufbau der gesamten materiellen Manifestation als die Verbindung der Seele mit den materiellen Elementen versteht und auch die Stellung der Höchsten Seele verstehen kann, qualifiziert sich, in die spirituelle Welt erhoben zu werden. Dies alles ist zur Betrachtung und Verwirklichung bestimmt, und daher sollte man dieses Kapitel mit der Hilfe des geistigen Meisters genau verstehen.

So enden die Erklärungen Bhaktivedantas zum Dreizehnten Kapitel der
Śrīmad-Bhagavad-gītā, genannt ,,Natur, Genießer und Bewußtsein“

 

Download PDF-Datei

Bei Problemen mit der Anzeige der Unicode-Zeichen auf dieser Seite siehe Technik-FAQ